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Rücktritt des Finanzministers: Debatte um Wirtschaftspolitik in Peru

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Präsident Vizcarra und Finanzminister Oliva bei der Vereidigung.
Vereidigung des neuen Finanzministers von Peru, Carlos Oliva, durch Staatspräsident Vizcarra

Lima. Der peruanische Wirtschafts- und Finanzminister, David Tuesta, hat nach nur zwei Monaten Amtszeit seinen Rücktritt eingereicht. An seiner Stelle ernannte Präsident Martín Vizcarra den ehemaligen Direktor der Zentralbank, Carlos Oliva Neyra, zum fünften Minister in diesem Amt innerhalb von zwei Jahren. Tuesta war wegen seines Vorhabens, die Mineralölsteuer zu erhöhen, in die Kritik geraten. 

Tuesta reagierte mit seinem Rücktritt auf die Proteste und Streiks von Transportunternehmern im Süden Perus, die gegen die vorgeschlagene Erhöhung der Kraftstoffsteuer zu Demonstrationen aufgerufen hatten. Die peruanische Regierung hatte im Mai neben der Kraftstoffsteuer auch die Verbrauchersteuer auf Zigaretten, zuckerhaltige und alkoholische Getränke und neue Automobile erhöht, um ihren Konsum einzudämmen. In einem Treffen mit Regierungsvertretern einigten sich die Parteien auf eine Rücknahme von über der Hälfte der Mineralölsteuererhöhung, woraufhin die streikenden LKW- und Busfahrer geplante größere und unbefristete Streiks aussetzten.

Der Rücktritt des Wirtschafts- und Finanzminister stellt den bisher größten Rückschlag für die Regierung von Staatspräsident Martín Vizcarra dar, der erst im März dieses Jahres das Amt von Pedro Pablo Kuczysnki übernahm. In einer Fernsehansprache verkündete der Vizcarra neben der Amtniederlegung Tuestas auch einen Wandel in der Steuerpolitik.

Statt der Erhöhung von Steuersätzen sollen große Unternehmen zur Kasse gebeten werden, sagte Vizcarra mit Bezug auf Tuesta. Wirtschaftswachstum müsse "durch höhere Investitionen und verbesserte Steuereintreibung statt durch die Erhöhung von Steuersätzen" erzielt werden. Es solle eine Ad-hoc-Kommission eingerichtet werden, um große Unternehmen zu identifizieren, die dem Staat Millionen von peruanischen Soles schulden: "Es hat sich herausgestellt, dass große Unternehmen dem Staat Summen schulden, die mehr als ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen, Einnahmen, die sehr wichtig sind für öffentliche Projekte und politische Maßnahmen, von denen alle Peruaner profitieren." Dass die Steuererhöhungen nicht zurückgezogen werden, machte unterdessen der frisch vereidigte Oliva gegenüber der Zeitung El Comercio deutlich und nannte die Angelegenheit ein "geschlossenes Kapitel".

Die Auseinandersetzungen über die Steuerpolitik haben dabei die Wirtschafts- und Finanzpolitik ins Zentrum der öffentlichen Debatte gerückt. So demonstrierten am vergangenen Dienstag bereits zum dritten Mal verschiedene Bürgergruppen, politische Organisationen und Gewerkschaften gegen die Korruption im Kongress. Sie forderten unter anderem ein Referendum, um korrupte Abgeordnete des Amtes zu entheben. Auch die mutmaßlichen Verstrickungen von drei Ex-Präsidenten in den Odebrecht-Skandal werfen ihren Schatten auf das politische Geschehen. Erst kürzlich gab die Staatsanwaltschaft bekannt, ein Ermittlungsverfahren gegen die Ex-Präsidenten Alejandro Toledo, Alan García und Pedro Pablo Kuczynski eingeleitet zu haben.

Diese Entwicklungen spiegeln sich in den Umfragewerten wider. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Ipsos sank die Zustimmung für Präsident Vizcarra im Juni von 52 auf 37 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Zugleich verdoppelte sich die Ablehnungsrate der Peruaner von 24 auf 48 Prozentpunkte. Als häufigsten Grund für ihre Ablehnung nannten die Befragten, dass es in der Regierung Korruption gebe oder der Präsident nicht genug gegen diese unternehme. An zweiter Stelle standen ausbleibende wirtschaftliche Fortschritte.

Für die restliche Amtszeit bis 2021 wird Vizcarra indes wohl das marktorientierte wirtschaftliche Modell für Peru beibehalten. Auch vom neuen Finanzminister Oliva, der unter Ex-Präsident Ollanta Humala von 2011 bis 2015 Vize-Finanzminister war, sind in dieser Hinsicht kaum Brüche zu erwarten.