Amnesty International und UNO kritisieren Antiterrorgesetz in Chile

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Amnesty International hat einen ausführlichen Bericht über die Kriminalisierung der Mapuche mittels Antiterrorgesetzen vorgelegt
Amnesty International hat einen ausführlichen Bericht über die Kriminalisierung der Mapuche mittels Antiterrorgesetzen vorgelegt

Santiago. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat die "Kriminalisierung" der indigenen Mapuche durch den chilenischen Staat mit dem Antiterrorgesetz aus der Zeit der Diktatur kritisiert. Auch das Komitee gegen Folter der Vereinten Nationen (UN) fordert in einem am 10. August veröffentlichten Bericht ebenfalls, nicht mehr nach diesem Gesetz gegen Mapuche zu ermitteln.

AI untersuchte zwei Gerichtsprozesse: das Verfahren im Fall Luchsinger-Mackay, bei dem das Großgrundbesitzer-Ehepaar Luchsinger-Mackay einem Brandanschlag zum Opfer fiel, und den "Iglesias"-Fall, bei dem Kirchen niederbrannten. In beiden Fällen waren Mapuche-Aktivisten angeklagt. Die Organisation kritisiert, dass das Recht der Angeklagten auf einen fairen Prozess nicht gewahrt worden sei. Besonders die Anwendung des aus der Militärdiktatur geerbten Antiterrorgesetzes wird kritisiert. Dieses ermögliche die Verwendung anonymer Zeugen, eine lange Geheimhaltung der Ermittlungen sowie unangemessen lange Untersuchungshaft. Des Weiteren seien in den untersuchten Prozessen Zeugen und Verteidiger unter Druck gesetzt sowie Beweise verwendet worden, die illegal seien.

Erika Guevara Rosas, AI-Direktorin für die Amerikas, schrieb in einer Pressemitteilung: "Es ist inakzeptabel, dass der chilenische Staat Mapuche fortwährend Verfahren aussetzt, die keinen fairen Prozess garantieren, da er sich eines wiederholt kritisierten Antiterrorgesetzes bedient." Weiter heißt es: "Nach unserer Analyse können wir ohne Zweifel den Schluss ziehen, dass es sich um unfaire Prozesse handelt." AI fordert daher, die Verfahren gegen die in beiden Prozessen Verurteilten neu aufzurollen sowie Gesetzgebung und das Handeln der Ermittlungsbehörden dahingehend zu ändern, dass faire Prozesse möglich werden.

Auch das UN-Komitee gegen Folter bemängelt die Anwendung des Antiterrorgesetzes. Es zeigt sich "besorgt" über Fälle, in denen es eine "missbräuchliche Anwendung dieser Rechtsnorm in Prozessen gegen Mapuche-Aktivisten, denen gewalttätige Aktionen vorgeworfen werden" gegeben habe. Auch Berichte über Polizeigewalt bei Durchsuchungen von Mapuche-Gemeinden seien besorgniserregend. Darüber hinaus kritisiert das Komitee, dass in solchen Fällen Angehörige derselben Behörden ermitteln, gegen die die Vorwürfe erhoben werden. Es fordert also, dass die Untersuchungen von "unabhängigen Institutionen" durchgeführt werden. Auch sei die vielfache Einstellung von Verfahren gegen Polizeibeamte, denen Folter oder Amtsmissbrauch vorgeworfen wurde, mit dem von öffentlichen Stellen zur Verfügung gestellten Material nicht nachvollziehbar.

Die Berichte der beiden Organisationen erneuern alte Vorwürfe. Chile war bereits 2014 vom Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen der Anwendung des Antiterrorgesetzes gegen Mapuche verurteilt worden.