Ecuador: Internationaler Gerichtshof annulliert Urteil gegen Erdölkonzern Chevron

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Warnschild im kontaminierten Amazonasgebiet in Ecuador. Chevron wurde nun von einem Schiedsgericht freigesprochen
Warnschild im kontaminierten Amazonasgebiet in Ecuador. Chevron wurde nun von einem Schiedsgericht freigesprochen

Den Haag/Quito. In Ecuador hat Ombudsmann Íñigo Salvador bekanntgegeben, dass ein internationales Schiedsgericht in Den Haag in dem inzwischen dritten Rechtsstreit mit Chevron zugunsten des US-Erdölkonzerns entschieden hat. Das Schiedsgericht annullierte damit ein Urteil des ecuadorianischen Verfassungsgerichts, das im Juli dieses Jahres den Antrag des Erdölunternehmens auf Schutz vor juristischen Klagen und Rücknahme von Urteilen zurückgewiesen und die Verurteilung des Konzerns wegen schwerer Umweltschäden bestätigt hatte. Die Strafe von 9,5 Milliarden US-Dollar gegen Chevron wird damit aufgehoben.

Der ecuadorianischen Regierung wird in dem Gerichtsurteil vorgeworfen, den bilateralen Investitionsvertrag zwischen Ecuador und den USA verletzt sowie dem US-Erdölkonzern ein gerechtes Verfahren verweigert zu haben. Binnen 50 Tagen muss nun geprüft werden, ob Ecuador zu einer Schadensersatzzahlung an Chevron verurteilt wird. Die Quantifizierung des mutmaßlichen Schadens wird voraussichtlich mehrere Monate dauern.

Salvador gab an, dass die Staatsanwaltschaft das Verhalten der Anwälte, die den südamerikanischen Staat bei diesem und allen anderen Prozessen verteidigt haben, überprüfe. Erst nach dieser Prüfung könne die Staatsanwaltschaft bestätigen, ob es eine Nachlässigkeit oder einen Fehler von Seiten der vom Staat beauftragten Anwälte gegeben habe.

Der Anwalt der Kläger im Fall Chevron III, Pablo Fajardo, kritisierte die Entscheidung des Schiedsgerichts scharf. "Wir werden weder erlauben, noch akzeptieren, dass das Land für das Verbrechen von Chevron bezahlt. Wer die Umwelt verschmutzt, muss bezahlen. Chevron hat die Umwelt verschmutzt, also müssen sie bezahlen", forderte der Anwalt der betroffenen Gemeinden. Fajardos Einschätzung nach ist das Urteil "unanwendbar", da das Schiedsverfahren zwischen Chevron und Ecuador ein anderes sei als der Rechtsstreit, den die Bewohner des Amazonas seit über 25 Jahren mit dem Erdölkonzern führten.

Das ehemalige US-Erdölunternehmen Texaco, das im Jahr 2001 in Chevron aufging, war in Ecuador zwischen 1964 und 1990 tätig und hat im Amazonasgebiet fünf Millionen Kubikmeter Boden verseucht. Das Oberste Gericht Ecuadors hatte 2011 Chevron zur Zahlung von 9,5 Milliarden US-Dollar Schadensersatzzahlungen verurteilt. Der Konzern lehnte das Urteil und damit die Zahlung ab.

Vor fünf Jahren hatte der damalige Präsident Ecuadors, Rafael Correa, die Kampagne "Die schmutzige Hand Chevrons" ("La mano sucia de Chevron") ins Leben gerufen, um öffentlich gegen die Umweltverschmutzung des Konzerns vorzugehen. Im Rahmen dieser Kampagne steckte Correa im Beisein internationaler Presse seine Hand in ein verseuchtes Erdölbecken und reckte diese in die Kamera. Zudem sagte der Ex-Präsident aus, dass durch Texaco "18 Milliarden Liter Wasser mit Erdöl" verseucht worden seien.

Ombudsmann Salvador hingegen schloss nun nicht mehr aus, dass möglicherweise Sanktionen gegen Mitglieder der ehemaligen Regierung ergriffen werden könnten. Ex-Präsident Correa betonte hingegen, dass "im Gegensatz zu dem, was behauptet wird, das Urteil aus Den Haag klarstellt, dass keinerlei Beweise einer Intervention meiner Regierung im Gerichtsprozess stattgefunden haben".

Der Minister der Vorgängerregierung und Weggefährte Rafael Correas, Andrés Aráuz, bedauerte die "zu erwartende" Gerichtsentscheidung. Aráuz warf Ecuadors Präsidenten Lenín Moreno einen "Pakt" mit dem Erdölkonzern vor. Dieser habe die Ausgestaltung des bilateralen Investitionsvertrags zwischen Ecuador und den USA so beeinflusst, dass das Urteil des Schiedsgerichts erst möglich wurde. Moreno habe sich mehrfach mit Vertretern von Chevron im Rahmen der "Americas Society and Council of the Americas" (ASCOA) getroffen, einer Lobbygruppe, deren Schirmherrschaft Chevron innehabe.