Bauernorganisation begrüßt UN-Erklärung über Rechte von Kleinbauern

Recht auf Zugang zu Land, Saatgut und biologische Vielfalt sowie zu lokalen Märkten soll gestärkt werden. Deutsche Bundesregierung stimmte nicht dafür

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Logo der  internationale Bewegung von Kleinbauern und Landarbeitern, Via Campesina
Logo der internationale Bewegung von Kleinbauern und Landarbeitern, Via Campesina

Genf. Der Weltverband der Kleinbauern Via Campesina hat die Verabschiedung der Erklärung der Vereinten Nationen für die "Rechte von Kleinbauern und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten" am 28. September durch den UN-Menschenrechtsrat in Genf mit großer Begeisterung begrüßt (UN-Resolution A/HRC/39/L.16). Die Annahme erfolgte mit 33-Ja-Stimmen, 11 Enthaltungen und 3 Gegenstimmen.

Die deutsche Bundesregierung enthielt sich. Als "Armutszeugnis" bezeichnete Jan Urhahn von der entwicklungspolitischen Organisation Inkota das Verhalten der Bundesregierung : "Sie hat sich von Anfang an gegen zentrale Inhalte der Erklärung gestellt. Offenbar wollte sie damit die Interessen von Konzernen wie Bayer schützen". Dies widerspreche auch dem Koalitionsvertrag , in dem die Förderung von Kleinbauern zentral verankert ist. "Bei der finalen Abstimmung bei der nächsten UN-Generalversammlung Ende dieses Jahres kann die Bundesregierung sich auf die Seite der Menschen und nicht der Konzerne stellen. Wir fordern sie eindringlich auf, in New York für die Erklärung zu stimmen", so Urhahn.

Aus Lateinamerika stimmten die Regierungen von Chile, Kuba, Ecuador, Mexiko, Panama, Peru und Venezuela im 47-köpfigen UN-Menschenrechtsrat dafür. Brasilien enthielt sich. Dort ist seit der Machtübernahme durch De-facto-Präsident Michel Temer im Jahr 2016 Blairo Maggi Minister für Landwirtschaft, Viehzucht und Versorgung ‒ der Chef des weltgrößten Soja-Anbauers, der Grupo André Maggi.

Der Dachverband weist darauf hin, dass es 17 Jahre langwieriger Verhandlungen bedurfte, um diese Erklärung zu verabschieden, die die Rechte von Kleinbauernfamilien und Landarbeiterinnen und Landarbeitern auf Zugang zu Land, Saatgut und biologische Vielfalt sowie zu lokalen Märkten stärken soll.

Das Dokument hat den Charakter einer nicht-bindenden Erklärung und ist daher nicht einklagbar. Gleichwohl hat es – ähnlich wie die 2007 von der Generalversammlung verabschiedete UN-Deklaration über die Rechte der indigenen Völker – einen wichtigen moralischen Stellenwert als völkerrechtlicher Standard im Kampf um die Verwirklichung der Rechte von Kleinbauern und der arbeitenden Landbevölkerung. Das im UN-Menschenrechtsrat verabschiedete Dokument wird nun im November der Generalversammlung vorgelegt. Sollte es auch dort verabschiedet werden, würde es ein bedeutendes Instrument für Millionen von Kleinbauern weltweit, damit sie Gerechtigkeit und Kleinbauern-freundliche Politiken einfordern können, die sich positiv auf ihren Zugang zu Land, Wasser und Saatgut und damit auf die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung auswirken.

Diego Montón von der Nationalen Bewegung der indigenen Kleinbauern (Movimiento Nacional Campesino Indígena) Argentiniens und Mitglied von Via Campesina betonte: "Obwohl wir Kleinbauern den größten Teil der Nahrungsmittel produzieren, die die Bevölkerung verzehrt, sind wir Formen extremer Gewalt unterworfen. Diejenigen, die sich zur Wehr setzen, werden ermordet oder willkürlich inhaftiert. Die Kriminalisierung der Kämpfe der Kleinbauern um Landzugang und Gerechtigkeit muss endlich aufhören, und diese UN-Erklärung ist ein Schritt nach vorne in diese Richtung."

Die Erklärung bietet einen globalen Referenzrahmen, damit nationale Gesetzgebungen und Politiken

  • die Rechte und Lebensbedingungen von KleinbäuerInnen in ländlichen Gegenden stärken;

  • die Ernährungssouveränität, die Bekämpfung des Klimawandels und den Schutz der biologischen Vielfalt befördern;

  • Agrarreformen beschließen und umsetzen und somit Kleinbauernfamilien und Indigenen einen besseren Schutz gegenüber der Aneignung von Ländereien durch (oftmals ausländische) Großeigentümer bieten;

  • faire, kostendeckende Preise für die kleinbäuerliche Produktion garantiert werden und die Rechte von Landarbeitern respektiert werden;

  • die Rechte der bäuerlichen Landbevölkerung garantiert werden und soziale Gerechtigkeit diskriminierungsfrei befördert wird, das heißt ohne Ansehen von Herkunft, Nationalität, Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprachen, Kultur, Eigentum, Behinderungen, Familienstand, Alter, politischer Meinung, Religion, Geburtsort oder sozial-ökonomischer Verhältnisse.

Via Campesina sieht vor, dass die UN-Erklärung nach der Annahme durch die UN-Generalversammlung von ihren Mitgliedern in den einzelnen Ländern unter Kleinbauern, Indigenen und Landarbeitern bekannt gemacht wird. Sie soll auch als Bildungsinstrument eingesetzt werden, um den Bauernfamilien ihre Rechte zu erklären und die Kämpfe sozialer Bewegungen gegen Privatisierung, Kriminalisierung und andere Bedrohungen zu stärken und bessere Gesetze und Politiken einzufordern, die die ländliche Realität von Millionen Armen berücksichtigen.