Kolumbien / Politik

Geplante Steuerreform in Kolumbien steht stark in der Kritik

Mehrwertsteuererhöhung laut Regierung Duque dringend erforderlich. Widerspruch kommt aus der Opposition, von Gewerkschaften und aus der eigenen Partei

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Ein breites Bündnis hat für den heutigen Donnerstag zu Protesten gegen das von der Regierung geplante Steuergesetz aufgerufen
Ein breites Bündnis hat für den heutigen Donnerstag zu Protesten gegen das von der Regierung geplante Steuergesetz aufgerufen

Bogotá. Der von Kolumbiens Finanzminister Alberto Carrasquilla in der vergangenen Woche  vorgelegte Gesetzentwurf für die von Präsident Iván Duque geplante Steuerreform ruft im Land viele Diskussionen hervor. Seit Dienstag liegt das Gesetz dem Kongress zur Debatte vor. Die großen Gewerkschaften CUT, CGT und Fecode kündigten für den heutigen Donnerstag landesweite Proteste an.

Das Gesetz soll das Haushaltsdefizit von etwa 14 Milliarden Pesos ausgleichen und Großunternehmen steuerlich entlasten, so der Plan der Regierung. Wirtschaftsanalysten Gewerkschafter und Abgeordnete unterschiedlicher Parteien sind sich jedoch einig, dass die geplante Reform die einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen weiter belasten und ökonomische sowie soziale Ungleichheiten verschärfen wird.

Duque hatte bereits während seines Wahlkampfes das "Programm zur wirtschaftlichen Reaktivierung" angekündigt. Damit wolle er eine produktive Entwicklung der Wirtschaft erzielen, welche sich an "Investitionen, Einsparungen, Formalisierung, Produktivitätssteigerungen und Wettbewerbsfähigkeit" orientiere. Der nun vorgestellte Wirtschaftskurs sieht vor, die Einkommenssteuer anzuheben, Mehrwertsteuern auf Artikel die der Grundversorgung dienen (canasta familiar) einzuführen und gleichzeitig die Unternehmenssteuer zu senken.

Finanzminister Carrasquilla erklärte, dass die Reform und der damit verbundene Anstieg der Mehrwertsteuer zunächst vor allem die Mittelschicht betreffen würde. Der Gewinn aus der kurzfristigen Belastung dieser Haushalte solle auf künftige Programme zur Finanzierung der Altersvorsorge oder der öffentlichen Universitäten umverteilt werden. Konkrete Umverteilungsprogramme stellte die Regierung bisher allerdings nicht vor. Wirtschaftsexperten weisen zudem darauf hin, dass die von Duque und Carrasquilla vorgeschlagene Reform die Haushaltslücke nur kurzfristig schließen würde, ohne die strukturellen Ungleichgewichte in der Haushaltsrechnung langfristig zu beseitigen.

Insbesondere die Besteuerung von Grundnahrungsmitteln, die durch das Gesetz des "canasta familiar" eigentlich von Mehrwertsteuern befreit bleiben sollen, wird scharf kritisiert. Die ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Germán Vargas Lleras (Cambio Radical) und Gustavo Petro (Colombia Humana) stimmen darin überein, dass die Reform, anders als von Carrasquilla dargestellt, die Ärmsten des Landes treffen wird.

Petro macht auf den offensichtlichen Wiederspruch aufmerksam, der sich aus der Besteuerung des "canasta familiar"ergibt. Er verweist darauf, dass weiterhin "54 Prozent der kolumbianischen Haushalte unter Nahrungsmittelknappheit leiden". Die Besteuerung von Grundnahrungsmitteln wie Reis, Fleisch, Eier, Milch, Käse, Gemüse und Obst würde diese Situation weiter verschlechtern. Er warnt zudem davor, dass sich Kolumbien durch diese Reform global zu einem am meisten von Ungleichheiten betroffen Länder entwickeln würde und ruft die Bevölkerung zur Mobilisierung gegen Duques Steuerreform auf.

Die Kritik an Duques Wirtschafsplan zieht sich auch durch die eigene Fraktion derultrarechten  Partei Centro Democrático. Ein Fraktionssprecher im Parlament bekundete, dass die Fraktion das Misstrauen der Gesellschaft gegenüber der Einführung der Mehrwertsteuer auf Produkte des Grundbedarfs für berechtigt halte. Außerdem kritisiere die Fraktion, dass der Präsident ein wichtiges Wahlversprechen brechen würde: er hatte seinen Wählern versichert, von einer Anhebung der Mehrwertsteuern abzusehen.

Duque verteidigt indes weiterhin das Reformvorhaben. Die Erhebung der Mehrwertsteuer auf Produkte des "canasta familiar" solle Ungleichheiten beheben und Arbeitsplätze schaffen. Außerdem sei es ohne diese Reform nicht möglich, soziale Programme der Regierung, wie die Subvention des Stromversorgungssektors, die Umsetzung der Friedensabkommen sowie das Bildungs- und Gesundheitswesens zu finanzieren.