"Opferzonen" in Chile: Proteste gegen industrielle Umweltschäden

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Repression gegen Demonstration in Santiago
Repression am Abend des 15. Novembers gegen die Demonstration in Santiago

Santiago et al. In über 23 chilenischen Städten und Ortschaften haben Bürger und Bürgerinnen ihren Protest gegenüber der Zunahme sogennanter "Opferzonen" auf die Straßen gebracht, in denen durch übermäßige und unkontrollierte Industrieproduktionen schwere irreversible Umweltschäden verursacht worden sind. In der Hauptstadt Santiago reagierte die Militärpolizei (Carabineros) auf die Demonstrationen mit Gewalt, woraufhin in der Innenstadt Straßenbarrikaden errichtet worden sind.

Die landesweite Mobilisierung unter dem Motto "No más Zonas de Sacrificio" (Keine Opferzonen mehr) hatte bereits in den Morgenstunden mit Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und Polizei sowie Straßenbarrikaden begonnen. Der Unmut richtete sich gegen jene Gebiete, in denen dort ansässige Industrien durch extraktivistische Produktionsweisen extreme Belastungen und Schäden für die lokale Bevölkerung und Umwelt verursachen. Gegen Abend fanden in verschiedenen Städten Demonstrationen statt, die wegen der Tötung des Mapuche Camilo Catrillanca durch die Polizei zwei Tage zuvor, weiteren Zulauf erhielten.

Zuletzt war das Thema der "Opferzonen" in den öffentlichen Fokus gerückt, als Bürger in den Industriestandorten Quintero-Puchuncaví Vergiftungserscheinungen erlitten, woraufhin es zu massiven Protestaktionen kam (Amerika21 berichtete). Die lokalen Organisationen kritisieren bis heute das fehlende Handeln des Staates angesichts der Katastrophe. So sind weiterhin die Urheber der giftigen Gase nicht bekannt; Luftanalysen werden geheim gehalten, keine konkreten Massnahmen ergriffen. Regelmäßig treten weitere Vergiftungsfälle auf.

In ganz Chile gibt es Gebiete, die aufgrund der Avocado- und Eukalyptus-Plantagen unter großem Wassermangel leiden, wie etwa Petorca, Llay Llay oder die Araucanía. Andere haben mit den Abfällen der Massentierproduktion zu kämpfen, wie etwa in Chiloé. Gerade dort waren die Proteste besonders stark.
Im sogenannten chilenischem Teil des Wallmapu ‒ so bezeichnen Mapuche ihr historisches Siedlungsgebiet, das ab 1860 vom chilenischem Staat militärisch besetzt wurde ‒ haben die indigenen Gemeinden mit dem massiven Forstanbau zu kämpfen. Dieser bringt nicht nur kaum Arbeitsplätze und Wohlstand in die Region, sondern findet zum Teil auf illegal besetzten Ländereien statt, trocknet die Erde aus und ist damit hauptverantwortlich für die starken Waldbrände die das Land im Vorjahr erlebt hatte.

Für Belen Ramírez, Studentin an der Universidad de Chile, war die Demonstration am Donnerstag ein Moment des Zusammentreffens verschiedener Kämpfe, die derzeit stattfinden: Der Protest gegen die Unterdrückung der Mapuche, aktuell wegen des Mordes an Catrillanca,  sowie wegen der Untätigkeit des Staates gegenüber der konstanten Ausbeutung und Verschmutzung der Umwelt und das Verlangen nach einem anderen Wirtschaftsmodell. "Die Mehrwertgewinnung des Landes findet auf der Basis einer schrecklichen Missachtung der Menschen und der Natur statt und dagegen kämpfen wir", betonte Ramírez.