Falschaussagen von Polizisten nach Mord an Mapuche in Chile

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In vielen Städte in Chile finden Demonstrationen gegen den Mord an Camilo Catrillanca statt
In vielen Städte in Chile finden Demonstrationen gegen den Mord an Camilo Catrillanca statt

Santiago de Chile. Nach einem politischen Mord in Chile hat ein beteiligter Polizist die Verwicklung der staatlichen Sicherheitskräfte in den Fall offenbar durch eine Falschaussage zu verschleiern versucht. In einem auf sozialen Netzwerken veröffentlichten Video erklärt einer der am Mord an Camilo Catrillanca beteiligten Polizisten, Carlos Alarcón, dass er und weitere  Angeklagte zu Falschaussagen gezwungen worden seien. Catrillanca, Mitglied der Volksgruppe der Mapuche, war am 13. November auf dem Weg von der Feldarbeit mit einem Kopfschuss von hinten getötet worden. Die dabei eingesetzte Spezialeinheit "Dschungelkommando" (Comando Jungla) hatte nach eigenen Angaben Autodiebe auf das Gebiet der indigenen Gemeinde Temucuicui verfolgt. Die Sondereinheit der chilenischen Polizei wurde in Kolumbien ausgebildet, wo es regelmäßig zu schweren Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Kräfte kommt.

Nach einem ballistischen Gutachten kam die Kugel, die Catrillanca traf, aus dem Gewehr von Alarcón. In dem Video, das in einer Polizeistation aufgenommen wurde, bedankte sich Alarcón später für die Unterstützung, die er nach der Bluttat bekommen habe. Er würde nichts unternehmen, das dem Ansehen der Carabineros, der Militärpolizei, der er angehört, zu schaden.

Alarcón sitzt – wie auch die weiteren beteiligten Polizisten Raúl Ávila Morales, Braulio Valenzuela Aránguiz und Patricio Sepúlveda Muñoz – in Untersuchungshaft. Sie werden beschuldigt, unmittelbar an der Ermordung von Catrillanca beteiligt gewesen zu sein. Sie befinden sich allerdings nicht im Gefängnis, sondern sind in verschiedenen Polizeistationen inhaftiert. Die Angeklagten haben mit einer Reihe von Falschaussagen zu den Geschehnissen am 13. November für Aufsehen gesorgt: So behaupteten sie, es habe keine Videoaufnahmen gegeben und Catrillanca sei an dem angeblichen Autodiebstahl beteiligt gewesen. Auch berichteten die Mitglieder der Sondereinheit, es habe einen Hinterhalt und ein Feuergefecht gegeben. Alle diese Aussagen wurden inzwischen als Lügen entlarvt.

Das jüngste Video von Alarcón hat die politische Krise in Chile nach dem Politmord weiter verschärft. Innenminister Andrés Chadwick erklärte in einer Pressekonferenz, Präsident Sebastián Piñera habe die Carabineros aufgefordert, rechtsstaatlich und nach den Gesetzen zu handeln sowie zu ermitteln. Außerdem zeigte er sich irritiert darüber, dass ein Beschuldigter in Untersuchungshaft ein Video aufnehmen und verbreiten kann. Chadwick, Piñera und der Generaldirektor der Carabineros, Hermes Soto, hatten die Lage nach der Publikation des Videos beraten.

Unterdessen gehen die Proteste wegen Catrillancas Ermordung unvermindert weiter. Nachdem Mapuchegemeinden zu einem "Monat des Ungehorsams" aufgerufen hatten, finden im ganzen Land jeden Tag Demonstrationen und Aktionen statt. Die Familie von Camilo Catrillanca fordert, wie viele der Demonstrationen, den Rücktritt von Innenminister Chadwick und Hermes Soto. "Wir sind schockiert darüber, wie polizeiliche und politische Stellen das Land mit immer absurderen und widersprüchlicheren Erklärungenhinters Licht zu führen versuchen“, so die Familie in einer Mitteilung.