Venezuela / Politik

Attacken von Regierung und Opposition in Venezuela nach Geheimdienstaktion

Politische Lager schieben sich gegenseitig Schuld an Festnahme des Präsidenten des oppositionell dominierten Parlaments zu

venezuela_rodriguez_opposition_juan_guaido_festnahme_sebin.png

Juan Guaidó nach Festnahme in Venezuela
Juan Guaidó nach Festnahme in Venezuela

Caracas. In Venezuela machen sich Vertreter von Regierung und Opposition nach der kurzzeitigen Festnahme von Parlamentspräsident Juan Guaidó schwere Vorwürfe. Der 35-Jährige Politiker war am Sonntag auf der Autobahn außerhalb der Hauptstadt Caracas kurzzeitig von Agenten des Inlandsgeheimdienstes Sebin inhaftiert worden. Wenig später wurde er wieder auf freien Fuß gesetzt. Oppositionspolitiker bezeichneten den Zwischenfall als Beleg für eine "Diktatur" in Venezuela und sprachen gar von einem "Verbrechen gegen die Menschheit". Vertreter der Regierung warfen der Opposition hingegen vor, den Zwischenfall provoziert oder sogar geplant zu haben, um eine Kampagne gegen den jüngst für seine zweite Amtszeit vereidigten Präsidenten Nicolás Maduro zu bedienen.

"Sebin-Agenten haben den Präsidenten der Nationalversammlung, den Abgeordneten Juan Guaidó, festgenommen und an einen bislang unbekannten Ort gebracht", hieß es am Sonntag in einer Mitteilung der oppositionell dominierten Nationalversammlung. Wenig später wurde der Gegner der Maduro-Regierung wieder freigelassen. Seine Ehefrau Fabiana Rosales dankte via Twitter "allen für die sofortige Hilfe nach dem Angriff der Diktatur auf meinen Ehemann. Die Diktatur kann den Kampfgeist nicht brechen."

Sebin-Agenten hatten den Politiker auf der Autobahn zwischen Caracas und der Stadt La Guaira gestoppt und aus dem Auto gezwungen. Der Vertreter der rechtspopulistischen Partei Volkswille (Voluntad Popular, VP) wollte im Teilstaat Vargas nahe Caracas auf einer Demonstration gegen die Regierung sprechen. Auf  Videos, die in sozialen Netzwerken veröffentlicht wurden, war zu sehen, wie vermummte Beamte eine Person in einen Geländewagen schleppten und davonfuhren.

Die Regierung wies Anschuldigungen von sich, sie habe die Festnahme Guaidós angeordnet. Vize-Kommunikationsminister Jorge Rodríguez sagte, die Beamten des Inlandsgeheimdienstes hätten eigenmächtig und ohne Anordnung gehandelt. Der Vorfall werde untersucht, alle Beteiligten seien inzwischen vom Dienst suspendiert und würden disziplinarisch belangt. "Die Opposition führt ihre Medienshow fort und präsentiert gefälschte Beweise", sagte Rodríguez. Die Gegner der Regierung wollten weiterhin "die Ruhe und den Frieden der Venezolaner stören", fügte der Regierungspolitiker an.

Die Justiz leitete indes Ermittlungen gegen Sebin-Kommissar Hildemaro José Mucura ein, der für die Verhaftung Guaidós verantwortlich sein soll. In einem Kommuniqué heißt es, gegen den Geheimdienstfunktionär werde "wegen Verschwörung mit der extremen Rechten in Venezuela" ermittelt. Mucura habe unabhängig von den Institutionen und außerhalb des Gesetzes gehandelt.

Präsident Maduro traf sich am Sonntag indes mit Vertretern der Vereinten Nationen (UN), um die Entwicklung von Sozialprogrammen in dem südamerikanischen Land zu besprechen, das unter einer schweren Wirtschaftskrise leidet. Bei den Beratungen ging es vor allem um die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele, die bis zum Jahr 2030 erreicht werden sollen. Die Regierung Maduro will trotz der heftigen Probleme im Land im Zuge ihres Programms von 2019 bis 2025 die Nachhaltigkeitsziele unterstützen. Nach dem Treffen mit den Gästen der UN betonte Maduro vor allem den 16. Programmpunkt: "Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen." Dabei stehe die UNO in der Pflicht, "den Dialog für Frieden, gegenseitige Anerkennung und Koexistenz verschiedener politischer Kräfte zu unterstützen", so Maduro.

Peter Grohmann, UN-Koordinator in Venezuela, bekräftigte die Bereitschaft der Weltorganisation, ihre Zusammenarbeit mit Venezuela auszubauen. Die UN sei bereit, "dem Land zu helfen, alle bestehenden Probleme zu überwinden", wird Grohmann in venezolanischen Medien zitiert. Bei dem Treffen im Präsidentenpalast Miraflores seien Themen wie Gesundheitsversorgung und Ernährungssicherheit besprochen worden.