Paraguay: Gewaltsame Räumung von Stadtviertel durch Polizei

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Eine Anwohnerin steht vor dem völlig zerstörten ehemaligen Viertel 12 de Junio
Eine Anwohnerin steht vor dem völlig zerstörten ehemaligen Viertel 12 de Junio

Luque, Paraguay. In der nahe der Hauptstadt Asunción gelegenen Stadt Luque ist die Siedlung 12 de Junio gewaltsam durch die Polizei geräumt worden. Diese wird beschuldigt, Häuser und Habseligkeiten von Bewohnern angezündet zu haben und Tränengas auch gegen Frauen, Kinder und alte Menschen eingesetzt zu haben. Durch das rücksichtslose Vorgehen der Polizei wurden Bewohner der Siedlung verletzt. Auch Journalisten wurden von den Sicherheitskräften tätlich angegriffen. Gerechtfertigt wurde die Räumung damit, dass es sich bei der Siedlung um eine illegale Landbesetzung durch etwa 2.100 Personen gehandelt habe. 700 Familien sind betroffen.

Die für die Polizeiaktion verantwortliche Staatsanwältin Fátima Villasboa rechtfertigte das Vorgehen der Polizei damit, dass die Bewohner der Siedlung bereits vorher zur Räumung aufgefordert wurden und die Polizei befugt sei, gegen Rechtsverstöße direkt zu handeln. Das vorher offenbar ungenutzte Landstück gehört dem Telekomunikationsunternehmen Copaco. Insgesamt 40 Personen wurden festgenommen und gegen 35 wurde Anklage wegen Besetzung einer fremden Immobilie erhoben. Die Staatsanwältin hat Untersuchungshaft beantragt. Paraguays Innenminister Juan Ernesto Villamayor behauptete unterdessen, dass die Besetzung Teil eines kriminellen Netzwerkes sei und forderte Haftstrafen für die Verantwortlichen.

Die Bewohner der Siedlung prangern an, dass die Räumung ohne richterlichen Beschluss durchgeführt wurde. Menschenrechtsanwältin Milena Pereira Fukuoka kritisiert die rechtswiedrige Anordnung der Räumung durch die Staatsanwältin, solche Befugnisse seien Richtern vorbehalten. Bei dem Vorgehen der Polizei während dieser und ähnlicher Räumungen gehe es um schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, für die die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Die Menschenrechtsanwältin betonte auch das Recht der betroffenen Familien auf Entschädigung. Gegenüber Menschen in prekären Wohnverhältnissen habe der Staat kein Recht, ihre Behausungen, Möbel und sonstige Habseligkeiten niederzubrennen und sie ohne Alternative auf die Straße zu setzen.