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Festnahmen im Mordfall Marielle Franco in Brasilien

Staatsanwaltschaft wirft zwei Ex-Militärpolizisten direkte Tatbeteiligung vor. Zum Todestag Francos sollen landesweit Veranstaltungen stattfinden

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"Wer ließ Marielle Franco ermorden?"
"Wer ließ Marielle Franco ermorden?"

Rio de Janeiro. Fast ein Jahr nach dem Mord an der linken Stadträtin und Aktivistin Marielle Franco und ihrem Fahrer Anderson Gomes sind am Dienstag in Rio de Janeiro zwei Tatverdächtige festgenommen worden.

Es handelt sich um zwei ehemalige Militärpolizisten. Ronnie Lessa (48) hat laut Staatsanwaltschaft die Schüsse abgefeuert und Élcio Vieira de Queiroz (46) soll das Tatfahrzeug gefahren haben. Das Verbrechen soll drei Monate vor der Tat "akribisch" geplant worden sein. In der Anklage heißt es zudem, "es ist unumstritten, dass Marielle Francisco da Silva wegen ihrer politischen Aktivitäten hingerichtet wurde. Die in der Nacht auf den 14. März 2018 praktizierte Barbarei war ein Schlag gegen den demokratischen Rechtsstaat".

Der brasilianischen Zeitung O Globo zufolge wurde Ronnie Lessa in seiner Wohnung in einer Wohnanlage in Barra da Tijuca, einem Stadtteil von Rio de Janeiro, festgenommen. In der Anlage hat auch Präsident Jair Bolsonaro ein Haus. Den Ermittlern sei jedoch keine weitere Verbindung zwischen Bolsonaro und Lessa bekannt, außer dass sie Nachbarn waren. Auf brasilianischen Nachrichtenseiten kursiert außerdem ein Foto, auf dem sich Élcio Vieira de Queiroz und Jair Bolsonaro grinsend umarmen.

In sozialen Netzwerken wird derweil gefordert, die Auftraggeber des Mordes ausfindig zu machen. Marcelo Freixo, Abgeordneter in Rio de Janeiro, hat zehn Jahre lang mit Franco zusammengearbeitet. Er twitterte kurz nach der Festnahme der beiden Militärpolizisten: "Marielles Mörder ist nicht nur derjenige, der den Auslöser betätigte. Es ist derjenige, der ihren Tod geplant und beauftragt hat. Es handelt sich um ein politisches Verbrechen, und wir fordern herauszufinden, welche politische Gruppe in der Lage ist, eine Stadträtin auszuschalten."

Schon jetzt ist offensichtlich, dass der Mord präzise geplant wurde: Überwachungskameras am Tatort wurden wenige Stunden vor der Tat abgestellt.

Im Januar wurde bekannt, dass Flávio Bolsonaro, Sohn von Jair Bolsonaro und Mitglied des Senats, die Mutter und die Ehefrau des Milizenführers Adriano Magalhães da Nóbrega bei sich im Büro beschäftigt hatte. Magalhães da Nóbrega wird beschuldigt, den Mord an Franco und Gomes mitorganisiert zu haben.

Die Ermittlung, die zu den Festnahmen führte, ist die erste unter Beteiligung der Sonderarbeitsgruppe gegen organisierte Kriminalität "GAECO" (Grupo de Atuação Especial de Repressão ao Crime Organizado). Diese untersucht Verbrechen, die hauptsächlich mit den Milizen in Verbindung stehen. Nach fast einem Jahr Ermittlungen beschlossen Polizei und Staatsanwaltschaft von Rio de Janeiro, diese in zwei Einheiten aufzuteilen: Eine beschäftigt sich mit den Tätern und die andere mit den Auftraggebern. Bisher ist immer noch nicht bekannt, wer der dritte Insasse im Autos war, aus dem die Schüsse abgegeben wurden.

Zum ersten Todestag von Marielle Franco und Anderson Gomes am 14. März 2019 sind in ganz Brasilien zahlreiche Veranstaltungen und Kundgebungen geplant, denen mehrere Tausend Menschen auf sozialen Netzwerken schon zusagten. In Rio de Janeiro, Francos Heimatstadt, werden ganztägig politische und kulturelle Aktivitäten stattfinden. An der öffentlichen Universität des Bundesstaates Minas Gerais sind für die gesamte Woche Veranstaltungen geplant.

Franco und Gomes wurden im Zentrum von Rio ermordet. Sie hatten eine Veranstaltung verlassen, bei der die Politikerin der Partei Sozialismus und Freiheit (PSOL) einen Vortrag hielt. Sie setzte sich für die Rechte schwarzer Frauen und für die LGBTI-Community sowie gegen Polizeigewalt und Milizen in Favelas ein. Ihr Tod löste internationale Proteste aus. Menschen auf der ganzen Welt brachten ihre Solidarität auf der Straße zum Ausdruck. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International fordern unabhängige Untersuchungen des Falls.