Kolumbien: Abstimmung im Senat zu Sonderjustiz ohne Ergebnis, Gericht entscheidet

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Unklarheit über notwendige Mehrheit: Der Senat in Kolumbien
Unklarheit über notwendige Mehrheit: Der Senat in Kolumbien

Bogotá. Auch nach einer Abstimmung hat der kolumbianische Senat kein eindeutiges Ergebnis bei der Frage erzielen können, ob er den von Präsident Iván Duque gewünschten Änderungen der Sonderjustiz für den Frieden (Jurisdicción Especial de la Paz, JEP) zustimmt. Am Dienstag hatten 47 Senatsmitglieder für die Beibehaltung des bestehenden Gesetzes gestimmt, 34 stimmten für die Vorschläge des Präsidenten, wichtige Punkte zu ändern. Nun soll die Entscheidung an das Verfassungsgericht weitergeleitet werden.

Um die von Duque eingebrachten Vorschläge abzulehnen, hätte es 48 Stimmen gebraucht. Aufgrund der unklaren rechtlichen Lage, welche Senatoren überhaupt stimmberechtigt sind und welche nicht, gab es aber auch die Ansicht, 47 Stimmen würden für eine Mehrheit ausreichen. Der Senat hat eigentlich 108 Sitze. Demnach wären eigentlich sogar 55 Stimmen für eine Mehrheit notwendig.

Da jedoch zwei Senatsmitglieder verhindert waren und 14 aufgrund unterschiedlicher Gründe nicht abstimmen konnten, kam es nach dem Votum am Dienstag zu Unklarheiten, ob die notwendige Mehrheit tatsächlich erzielt worden sei beziehungsweise welche Zahl an Stimmen überhaupt erforderlich wäre.

Vertreter der Gegner der angestrebten Änderungen von Duque hatten die 47 Stimmen bereits als Erfolg verzeichnet und waren davon ausgegangen, dass eine zweite Abstimmung somit ohnehin nicht mehr durchzuführen war.

Eigentlich sollte am Donnerstag die zweite Abstimmungsrunde erfolgen. Der Block der dem Präsidenten nahestehenden Parteien der Liberalen, der Konservativen, die Soziale Partei der Nationalen Einheit (U) und Cambio Radical hatte sich jedoch kurzfristig entschieden, eine zweiten Abstimmung zu boykottieren. Vielmehr wurde die Bewertung des Ergebnisses der ersten Runde am Dienstag nun direkt an das Verfassungsgericht übergeben. Dort soll nun die Frage geklärt werden, ob 47 oder 48 Stimmen notwendig gewesen wäre.

Ursache für die Unklarheit der Anzahl der erforderlichen Stimmen sind unterschiedliche Gründe, die zur Abwesenheit der Senatoren führten. 16 Senatoren mussten sich der Abstimmung aufgrund Befangenheit enthalten. Dazu zählen die vier Senatoren der Farc-Partei, aber auch Senatoren, die beispielsweise familiäre Verstrickungen in die gewaltsamen Auseinandersetzungen und den Friedensprozess haben.

Zudem konnte die gewählte Senatorin Aida Merlano ihren Sitz gar nicht erst antreten, da sie wegen Wahlbetrugs und dem Kauf von Stimmen im Gefängnis sitzt. Dem Senator Antanas Mockus war vor einigen Wochen sein Sitz im Senat wegen früheren Vorwürfen gegenüber seiner Person aberkannt worden. Nun soll er unter falschem Vorwand vom Sekretär des Senats, Gregorio Eljach, von der Abstimmung ferngehalten worden sein.

Auch der ehemalige Farc-Kommandant und Verhandlungsführer bei den Friedensverhandlungen mit der kolumbianischen Regierung in Havanna, Iván Marquez, hatte seinen Sitz im Senat im vergangenen Jahr gar nicht erst angetreten. Somit ist die Frage nach der genauen Anzahl der für eine Mehrheit im Senat erforderlichen Stimmen grundsätzlich unklar und umstritten. Mit dieser Frage muss sich nun das Verfassungsgericht beschäftigen.