Linksfraktion fordert Rücknahme von Anerkennung Guaidós in Venezuela

Antrag im Bundestag will Venezuela-Politik korrigieren. Verweis auf Wissenschaftlichen Dienst. Schweiz akkreditiert neuen Botschafter

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Der neue Schweizer Botschafter in Venezuela, Didier Chassot, mit Präsident Maduro
Der neue Schweizer Botschafter in Venezuela, Didier Chassot, mit Präsident Maduro

Berlin/Caracas. Zwei Wochen vor einer großangelegten Lateinamerika-Konferenz des Auswärtigen Amtes, bei der die Venezuela-Krise im Zentrum stehen wird, hat die Linksfraktion die Bundesregierung aufgefordert, die Anerkennung des oppositionellen Parlamentspräsidenten Juan Guaidó als Interimspräsident des südamerikanischen Landes zurückzunehmen.Die Chancen für die Annahme eines entsprechenden Antrags des Linken-Abgeordneten Andrej Hunko stehen indes schlecht. Auf europäischer Ebene wird die Legitimität Guaidós jedoch durchaus hinterfragt. So hat die Schweiz als erstes europäisches Land Präsident Nicolás Maduro die Akkreditierung eines neuen Botschafters übergeben und damit seine Führungsrolle indirekt bestätigt.

"Die Bundesregierung solle die Mitgliedschaft Deutschlands als nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dafür nutzen, eine friedliche und politische Lösung des Konfliktes in Venezuela ohne Einmischung von außen zu befördern und eine weitere Eskalation zu vermeiden, indem die Vermittlungsinitiative Uruguays, Mexikos und der Caricom-Staaten unterstützt wird", heißt es in einem Entschließungsantrag der Linken, der amerika21 vorliegt. Die von der Bundesregierung zugesagten fünf Millionen Euro für humanitäre Hilfe sowie darüber hinausgehende zukünftige Zahlungen müssten angesichts der humanitären Krise in dem südamerikanischen Land den zuständigen UNO-Strukturen zur Verfügung gestellt werden, damit diese sie gemäß den Grundsätzen humanitärer Hilfe verwenden können.

Nach Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages gibt es "starke Gründe" für die Annahme, dass es sich bei der Anerkennung Guaidós um eine "Einmischung in innere Angelegenheiten" handelt. Die Frage, ob diese als unzulässige Intervention zu bewerten ist, sei "durchaus berechtigt", schrieben die Bundestagswissenschaftler in einem Gutachten. Weil Guaidó über seine Funktion als Parlamentspräsident hinaus keinerlei effektive Kontrolle über die Staatsgewalt, die Streitkräfte und den Sicherheitsapparat ausübt, sei die völkerrechtliche Zulässigkeit nicht gegeben. Zu den militärischen Drohungen der USA hatte das Gutachten festgestellt, dass diese mit den Zielen der Vereinten Nationen "unvereinbar" ist

Guaidó hatte sich am 23. Januar – selbst für ihm nahestehende Politiker und offenbar in Abstimmung mit der US-Regierung – als Übergangspräsident selbst ausgerufen. Die Bundesregierung erkannte ihn am 4. Februar als "legitimen Präsidenten" an. Nach Ansicht der Linken steht diese Anerkennung im Widerspruch zum Völkerrecht. "Artikel 2 der Charta der Vereinten Nationen untersagt eine derartige Einmischung in innere Angelegenheiten", heißt es im Antrag der Fraktion. Auch die Drohungen der USA mit einer Militärintervention in Venezuela sind nach Artikel 2 (4) der UN-Charta illegal.

"Die klar völkerrechtswidrige Anerkennung Guaidós und die einseitige Intervention in den Konflikt in Venezuela hat die Lage verschärft", sagte der Linken-Abgeordnete Hunko gegenüber amerika21. Würde die EU eine vermittelnde Position einnehmen, dann stünde Venezuela womöglich nicht am Rande eines Krieges. "Im Gegensatz dazu hat die Bundesregierung eine harte Linie der EU forciert und diesen Fehler gilt es zu korrigieren", fügte der Abgeordnete an: "Die Rücknahme der Anerkennung Guaidós als Präsident Venezuelas ist dafür ein erster, wichtiger Schritt."

Indes werden in Europa die Widersprüche in der Venezuela-Politik größer. Am Montag überreichte der neue Schweizer Botschafter in Venezuela, Didier Chassot, Präsident Maduro im Präsidentenpalast Miraflores in Caracas sein Akkreditierungsschreiben. Das Treffen des Schweizer Diplomaten mit Maduro wurde in Venezuela aufmerksam wahrgenommen. Anders als zahlreiche Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hatte die Schweiz Guaidó zwar nie offiziell anerkannt. Allerdings schrieb der Leiter der Abteilung Amerikas im Schweizer Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Bénédict de Cerjat, am 24. Januar auf Twitter, die Schweiz erachte "die Nationalversammlung in Folge der demokratischen Wahlen von 2015 als legitim, sowie auch deren neugewählten Präsidenten #JuanGuaidó". Außenminister Ignacio Cassis sah sich anschließend zu einer Richtigstellung genötigt. Mit der Akkreditierung von Botschafter Chassot bekräftigt die Schweizer Regierung nun die Haltung, das Land erkenne andere Staaten an, keine Regierungen.