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Universitätsproteste in Chile

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Zuschüsse für Studiengebühren, Miete, Essen und Transport sollen gekürzt werden. Studierende sollen Kredite aufnehmen, mit denen sie sich hoch verschulden, um ihr Studium beenden zu können
Zuschüsse für Studiengebühren, Miete, Essen und Transport sollen gekürzt werden. Studierende sollen Kredite aufnehmen, mit denen sie sich hoch verschulden, um ihr Studium beenden zu können

Santiago de Chile. Seit Wochen kommt es zu Protesten in den Universitäten in Chile. Was am 25. April mit einem durch die chilenische Studierendenkonförderation (Confech) national organisierten Studierendenprotest begann, entwickelt sich nun zu einem längeren Streik. Universitäten in ganz Chile von La Serena über Santiago de Chile, Valdivia bis nach Puerto Montt organisieren sich.

Die Teilnehmenden der Protestbewegung fordern mehr Geld zur Förderung von Studierenden. In einem Land wie Chile, in dem Studieren nach wie vor überwiegend der "oberen Sozialschicht" vorbehalten ist, sind viele auf staatliche Hilfe angewiesen. Bisher erhielten sie Zuschüsse für Studiengebühren, Miete, Essen und Transport. Wer die Regelstudienzeit überschreitet, soll diese Gelder nicht mehr erhalten. Mehr als 27.000 Studierende sind davon betroffen. Sie sollen nun Kredite aufnehmen, mit denen sie sich hoch verschulden, um ihr Studium beenden zu können.

Als eine der Ersten wies die Fakultät für Architektur der staatlichen Universität von Chile auf ein weiteres Problem hin. Am 18. April organisierte sie eine Demonstration für die "mentale Gesundheit" der Studierenden. Laut veröffentlichten Studien der Ersten Nationalen Umfrage der Universität für psychische Gesundheit in Chile befinden sich 44 Prozent der Studierenden in psychologischer Behandlung. 46 Prozent gaben an, depressive Symptome und Angstzustände zu haben. Darüber hinaus leiden 54 Prozent unter Stress, 67 Prozent unter Schlaflosigkeit und 5,1 Prozent haben über Selbstmord nachgedacht. Der lange Weg zum Abschluss eines Studienganges (für den Bachelor normalerweise źehn Semester) und Überforderung und Leistungsdruck während des Semesters werden als Gründe für den psychologischen Stress angegeben.

Im Streik solidarisieren sich die Studierenden auch mit Bauern und Arbeitern gegen das TPP-11 (Transpazifische Partnerschaft). Das transnationale Wirtschaftsabkommen zwischen elf Ländern im pazifischen Raum, einschließlich Chile, sieht vor, Zölle abzuschaffen und freien Wettbewerb in den Ländern zu ermöglichen. Dass viele Chilenen nun dagegen protestieren, ist unter anderem darin begründet, dass das TPP die Demokratie gefährde und die Rechte indigener Völker, Umweltschutzmaßnahmen und die Freiheit des Internets negativ beeinflusse. Das geplante Freihandelsabkommen schaffe neuen Kolonialismus, privatisiere natürliche Ressourcen und wirke sich negativ auf Arbeits- und Menschenrechte in Chile aus.

Am 8. Mai rief die Confech erneut zu einer nationalen Demonstration für die psychische Gesundheit und gegen das TPP auf. Akademische Überlastung solle nicht mehr normalisiert werden. Der Unterricht in einigen Universitäten wird vorerst nicht wieder aufgenommen. Stattdessen finden Infoveranstaltungen statt und weitere Demonstrationen auf nationaler Ebene werden geplant.