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Kuba geht neue Wege in der Landwirtschaft

Mehr Unabhängigkeit für Agrargenossenschaften. Produktion soll gesteigert werden. Noch importiert Kuba 80 Prozent des Nahrungsmittelbedarfs

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In Kuba sollen künftig gleiche Bedingungen für alle landwirtschaftlichen Produzenten herrschen, um die Produktion von Lebensmitteln anzukurbeln und Importe einzusparen
In Kuba sollen künftig gleiche Bedingungen für alle landwirtschaftlichen Produzenten herrschen, um die Produktion von Lebensmitteln anzukurbeln und Importe einzusparen

Havanna. Mit einer weitreichenden Reform will Kubas Regierung die Autonomie der rund 5.000 Agrarkooperativen des Landes stärken und damit die Produktion von Lebensmitteln ankurbeln. Ziel ist es, "gleiche Bedingungen für alle Produzenten herzustellen", wie das Nachrichtenportal Cubadebate berichtet.

Künftig dürfen die Genossenschaften nach Erfüllung der Verträge mit dem Staat ihre Überschüsse frei vermarkten und erhalten größere Freiheiten im Management. Nach einer ersten gescheiterten Freigabe der Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse in den Jahren 2015/16 macht die Regierung nun einen zweiten Anlauf. In den vorangegangenen Jahren wurden bereits mehrere Reformschritte unternommen, die nun unter dem neuen Dekret 365 vereinheitlicht werden. Auch die Festpreise, die der Staat den Bauern für bestimmte Produkte bezahlt, wurden seitdem mehrfach angehoben. Begleitend dazu werden ab diesem Sommer in drei Provinzen die Preise für viele Agrarprodukte freigegeben.

Landwirtschaftskooperativen dürfen künftig permanent Arbeitskräfte unter Vertrag nehmen, auch wenn diese nicht Teil der Genossenschaft sind. Ebenso sollen auch Kleinbauern, die heute vor allem vom Staat gepachtete Flächen bewirtschaften, ihre Produktion mittels Vertragsarbeitern erweitern können. Alle Produzenten werden ihre Überschüsse dann an staatliche oder private Firmen sowie natürliche Personen direkt verkaufen können, ohne den bisherigen Umweg über die staatliche Abnahmefirma Acopio oder andere Zwischenhändler. Traktoren und Maschinen sollen zudem künftig unbürokratisch untereinander verliehen werden können.

Die Verträge mit dem Staat werden weiterhin die Grundlage für das Gros der landwirtschaftlichen Produktion sein. Diese sollen nun allerdings "auf Augenhöhe" mit den staatlichen Agrarunternehmen erfolgen. Über die Höhe der Gewinnfonds sowie andere wirtschaftliche Entscheidungen soll in allen Kooperativen künftig ausschließlich durch die Genossenschaftsversammlung und "ohne jedwede externe Einflussnahme" befunden werden, wie der Leiter für die Entwicklung des Genossenschaftswesens beim Agrarministerium, Ricardo Monzón Novoa, erklärte. Besonders im Fokus stehen die ab 1960 entstandenen Genossenschaften für Kredite und Dienstleistung (Cooperativas de Créditos y Servicios), die zu den produktivsten landwirtschaftlichen Erzeugern Kubas gehören. Sie sollen künftig von allen Funktionen entbunden werden, die nicht ihrer Hauptaufgabe, also der Produktion von Lebensmitteln, dienen.

Darüber hinaus wird für die Kooperativen künftig ein staatlicher Entwicklungsfonds aufgelegt, der sie schrittweise rekapitalisieren soll, damit sie künftig finanziell auf soliden Füßen stehen. Auch über die Rücklagen soll die Vollversammlung der Mitglieder entscheiden. Wie die Tageszeitung Granma betont, werden mit dem Gesetz wichtige Regeln der International Co-operative Alliance auf Kuba umgesetzt. Mit der steigenden Autonomie soll zugleich die kooperative Kultur in den Genossenschaften verstärkt werden. Hierzu sollen entsprechende Schulungen Werte wie "Freiwilligkeit, gegenseitige Hilfe, ökonomische Selbstständigkeit, und Genossenschaftsgeist" vermitteln.

Im Rahmen der Digitalisierung von Verwaltung und Steuerprüfung werden die Genossenschaften dazu angehalten, ihre Verkäufe künftig über Bankkonten abzuwickeln.

Noch muss Kuba rund 80 Prozent seines Lebensmittelbedarfs importieren. Schrittweise allen natürlichen und juristischen Personen des Agrarsektors gleiche Bedingungen und gleichen Zugang zu Einsatzgütern bei der Produktion zu garantieren, könnte sich als der richtige Schritt erweisen, um diese Zustand mittelfristig zu ändern.

Das Gesetz 365 soll 180 Tage nach der Veröffentlichung, also diesen November in Kraft treten.