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Brasilien: Intercept-Leaks belegen weitere Absprachen der Justiz gegen Lula

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Für Staatsanwalt Dallagnol ist das Verbot des Lula-Interviews laut Intercept-Leaks "eine gute Nachricht" (Screenshot)
Für Staatsanwalt Dallagnol ist das Verbot des Lula-Interviews laut Intercept-Leaks "eine gute Nachricht" (Screenshot)

Brasília. Die journalistische Plattform "The Intercept" hat zum ersten Mal seit Beginn der als Intercept-Leaks bekannten Enthüllungskampagne vor einem Monat eine Nachricht im Audioformat veröffentlicht.

In einer Sprachnachricht vom 28. September 2018 wendete sich der Leiter der Korruptions-Task Force Lava Jato, Staatsanwalt Deltan Dallagnol, in einer Chat-Gruppe an die anderen Ermittler. Er teilte ihnen mit, dass Richter Luiz Fux vom Obersten Bundesgericht die Autorisierung eines Interviews, das mit dem inhaftierten Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva geführt werden sollte, gestoppt hatte. "Das sind gute Nachrichten", so der damalige Chef-Ermittler. Er wies seine Kollegen an, die Angelegenheit so lange wie möglich geheim zu halten, "denn je früher sich diese Nachricht verbreitet, desto eher wird es Einspruch von der Gegenseite geben und desto eher geht die Sache an das Plenum [Versammlung der Obersten Bundesrichter]".

Die Audio-Nachricht lässt wie anderes im Laufe der letzten Wochen veröffentlichte Material darauf schließen, dass an der Untersuchung im Rahmen des Lava Jato-Komplexes beteiligte Personen nicht unabhängig ermittelten, sondern nach einer politischen Agenda handelten.

Schon vor Beginn der Intercept-Leaks wurde von verschiedenen Seiten vermutet, dass der Prozess gegen Lula geführt wurde, um seine erneute Kandidatur und Wiederwahl zum Präsidenten zu verhindern. Mehrere am 12. Juni 2019 von The Intercept veröffentlichte Text-Nachrichten hatten bereits gezeigt, dass zwischen Richter Fux, Dallagnol und Justizminister Sergio Moro Absprachen getroffen wurden. Moro war zu diesem Zeitpunkt noch als Bundesrichter tätig und verurteilte Lula zu einer Gefängnisstrafe. Nach seinem Wahlsieg ernannte Präsident Jair Bolsonaro ihn zum Minister.

Moro und Dallagnol behaupteten seit den ersten Leaks, sich stets im Rahmen des Gesetzes bewegt zu haben, und hatten die Authentizität angezweifelt. Auf eine eigene Veröffentlichung der Nachrichtenverläufe oder anderer Beweise, welche die Vorwürfe entkräftet hätten, verzichteten sie.

Kritiker Dallagnols und Moros sehen spätestens mit der Veröffentlichung des Audiodokuments alle Zweifel an der Echtheit der geleakten Nachrichten beseitigt. Verschiedene Politiker, darunter der Bundesabgeordnete David Miranda, fragten am Dienstag auf Twitter ironisch: "Werden Sie auch das Audio abstreiten?" Wie sich an den Kommentaren unter dem Beitrag ablesen lässt, zeigt sich das gegnerische Lager aber tatsächlich unbeeindruckt von der Tatsache, dass Sprachaufnahmen schwieriger zu fälschen sind. So veröffentlichten Anhänger des Bolsonaro-Lagers bereits angebliche Sprachanalysen, die zeigen sollen, dass die Audionachricht nicht echt ist. Andere wittern eine Verschwörung und streiten die Echtheit aller Intercept-Leaks grundsätzlich ab.