Trotz massiver weltweiter Proteste weitere Aktivisten in Kolumbien ermordet

Marsch_Defendamos_La_Paz.jpg

viele Menschen laufen protestierend auf der Straße in Kolumbien und halten ein Banner hoch mit dem Titel #Defendamoslapaz
Menschen protestieren gegen die anhaltenden Morde von Aktivisten in Kolumbien und anderswo.

Kolumbien/International. Tausende Menschen protestierten am vergangenen Freitagabend unter dem Motto #MarchaPorLaVida (Marsch für das Leben) und #DefendamosLaPaz (Den Frieden verteidigen) gegen die anhaltende Gewalt und die tödlichen Angriffe auf soziale Aktivisten in Kolumbien. Dennoch wurde auch kurz nach den Protesten erneut ein tödlicher Angriff auf eine Sozialaktivistin und ihren Mann gemeldet.

Yissela Trujillo und ihr Mann wurden von bisher unbekannten Angreifern auf der Straße von Caquetá so schwer verletzt, dass beide an ihren Verletzungen verstarben. Hernán Bravo, Bürgermeister der Stadt Puerto Rico in der Provinz Caquetá, verurteilte die Tat scharf. Er betonte, dass mit allen Möglichkeiten der Institutionen eine schnellstmögliche Aufklärung des Angriffs erfolgen werde.

Die Proteste am letzten Freitag, die von der Bewegung „Wir verteidigen den Frieden“ (Defendemos la Paz) organisiert wurden, fanden vor allem in Kolumbien, aber auch in vielen anderen Ländern der Welt statt. Unter anderem in Kanada, Deutschland, der Schweiz, Griechenland, USA, Belgien, Argentinien, Großbritannien, Frankreich und Spanien solidarisierten sich Menschen mit dem Anliegen der sozialen Bewegungen. Allein in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá nahmen etwa 15.000 Menschen teil, darunter Studenten, Lehrer, Gewerkschafter, soziale Organisationen, Indigene und Schwarze sowie Menschen der LGBTI-Bewegung. Ebenso beteiligten sich Abgeordnete aus sieben Parteien Kolumbiens: Polo Democrático, Grüne Allianz, Farc sowie Cambio Radical und die Liberale Partei. Die Parlamentsvertreterin der Grünen Allianz Juanita Goebertus rief dazu auf, in Solidarität zu den Familien der Getöteten zu marschieren.

Auch der kolumbianische Präsident Iván Duque beteiligte sich zusammen mit sozialen Aktivisten am Marsch in Cartagena, nachdem er sich ihre Forderungen angehört hatte. In einem Statement verurteilte Duque die Angriffe auf Aktivisten und sagte, man müsse gemeinsam dafür eintreten, dass es keine Gewalt mehr gebe.

Nach Angaben der Regierung wurden 289 soziale Aktivisten und Menschenrechtsverteidiger seit 2016 ermordet. Laut den Zahlen der Defensoría del Pueblo (Ombudsstelle für Menschenrechte) starben zwischen dem 1. Januar 2016 und dem 28. Februar 2019 sogar 462 soziale Aktivisten. Darunter seien 140 ehemalige Farc-Mitglieder, wie das Institut zur Untersuchung von Frieden und Entwicklung (Instituto de Estudios sobre Paz y Desarrollo, Indepaz) angibt.

Besonders im Department Santander fürchten viele Aktivisten – spätestens nach dem Mord an der prominenten Umweltaktivistin und Anwältin Yamile Guerra –, umgebracht zu werden. Viele Aktivisten erhalten, genau wie sie, zuvor einschüchternde Morddrohungen. In Santander wurden in den vergangenen Monaten bereits 20 Aktivisten getötet.

Während der Regierungszeit von Iván Duque sei zwar ein Rückgang der Morde an Menschenrechtsverteidigern und Aktivisten um etwa 35 Prozent zu verzeichnen. Gleichzeitig stieg die Zahl der Ermordungen von ehemaligen Farc-Mitgliedern seit seinem Amtsantritt um 41 Prozent an. Der Senator der Farc-Partei und Vertreter der Demobilisierung der Guerrilla, Victor Sandino, verlangte von der Regierung den Friedensvertrag von Havanna zu erfüllen.

Zwei Tage vor den Protesten meldete das kolumbianische Verteidigungsministerium, 41 Personen festgenommen zu haben, die an Tötungen von Aktivisten und weiteren Gewaltverbrechen beteiligt gewesen sein sollen. Darunter seien auch acht der meistgesuchtesten Personen, die die Tötung von Aktivisten zu verantworten haben: El Mono, vermutlich Auftragskiller des Golflclans, der für den Mord an Orlando Nicolás Negrete Ramírez verantwortlich gemacht wird; Cucuteño, vermutlich Mitglied von Los Paisas und angezeigt wegen der Ermordung der Sozialaktivistin Diana Patricia Mejía Fonseca; La Sabrosa, wahrscheinlich Mitglied des Golfclans und verwickelt in den Mord an Orlando Nicolás Negrete Ramírez; Mulato, vermutlich Auftragskiller des Golfclans, angezeigt wegen Mordes an Gonzalo Antonio Martínez Guisao; Care Malo, vermutlich Chef der Auftragskiller von Los Caparros, verwickelt in den Mord an Plinio José Pulgarín Villadiego; Misael, mögliches Mitglied von Los Pelusos und angezeigt wegen Mordes an vier ehemaligen Farc-Mitgliedern und einem Sozialaktivisten.

Laut Aussage des Ministeriums seien die 41 Festgenommenen wohl mit mindestens 114 Gewaltverbrechen im ganzen Land in Verbindung zu bringen.