Roraima. Mehr als 10.000 illegale Goldgräber sollen sich derzeit auf dem Gebiet der Indigenen Yanomami im Norden Brasiliens befinden. Die Zahlen folgen einer Schätzung des größten Vereins der Yanomami, Hutukara. Bereits im Mai dieses Jahres hatte ein Gefolge der Yanomami und der Ye'kwana die Situation vor staatlichen Behörden in Brasília angezeigt, etwa dem Justiz- und Verteidigungsministerium sowie der Indigenenschutzbehörde Funai.
Auch Nichtregierungsorganisationen schlagen Alarm. "Der Rassismus von Bolsonaro hat tragische Folgen und der Goldrausch im Norden Brasiliens ist nur ein Beispiel dafür", äußerte etwa der Direktor von Survival International, Stephen Corry, in einer Pressemitteilung. Nur ein öffentlicher Aufschrei in Brasilien und international könne ihn aufhalten, so Corry weiter.
Seit dem Amtsantritt des ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro hat der Bergbau auf indigenen Schutzgebieten in Brasilien stark zugenommen, ermutigt auch vom Diskurs eines Präsidenten, der diese Schutzgebiete offiziell für den Bergbau zugänglich machen will. In der Verfassung ist der Bergbau auf indigenem Land zwar vorgesehen, aber de facto illegal, da ein Gesetzesentwurf dazu seit über 20 Jahren nicht vom Kongress verabschiedet wurde.
Das könnte sich nun ändern. "In Roraima liegen Billionen Reais unter der Erde. Und der Indio hat das Recht, diese zu nutzen, natürlich auf eine rationale Weise. Der Indio kann nicht weiter arm sein auf einem reichen Land", erklärte Bolsonaro im April.
Bisher hatten Stützpunkte der Armee den illegalen Zutritt von Goldsuchern auf dem Gebiet der Yanomami eingeschränkt. Im Dezember verließen die Einheiten an den Flüssen Uraricoera und Mucajaí, den zentralen Eintrittspunkten für Boote auf das Territoirum der Yanomami, ihre Stellung.
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Der derzeitige Goldrausch stellt die größte Invasion auf den Ländern der Yanomami seit der offiziellen Landzuteilung im Jahr 1992 dar. Zwischen 1986 und 1990 starben in Folge einer massiven Invasion von mehr als 40.000 Goldgräbern und der damit einhergehenden Verbreitung von Krankheiten über 20 Prozent der Yanomami-Bevölkerung. Im Juli 1993 ermordeten Goldgräber 16 Yanomami. Dieses Massaker von Haximu wurde 2006 von der Justiz offiziell als Genozid anerkannt.
Mehr als 25 Jahre später schlagen die Yanomami erneut Alarm. Davi Kopenawa, ein Sprecher der Yanomami, sprach von bis zu 20.000 Goldsuchern in der Region. "Sie bringen nichts Gutes, sie bringen nur Probleme. In der Amazonasregion Marari hat sich Malaria ausgebreitet und bereits vier Kinder getötet".
Auf diesem Gebiet soll sich zudem mindestens eine Gruppe von Yanomami befinden, die keinen Kontakt zu Außenstehenden wünschen. Gerade unkontaktierte Völker sind von den Krankheiten der Bergleute besonders bedroht. Zusätzlich kämpfen die mehr als 35.000 Yanomami in Brasilien bereits heute mit verseuchten Flüssen und Fischbeständen, vor allem durch das Quecksilber, das bei der Goldgewinnung verwendet wird. Im Jahr 2016 zeigte eine Studie der Stiftung Oswaldo Cruz (Fiocruz) in Zusammenarbeit mit dem Umweltinstitut ISA, dass in einigen Dörfern der Yanomami bis zu 92 Prozent der Bewohner mit dem Metall verseucht sind, besonders wenn sie in unmittelbarer Nähe zu den Stellen der Goldwäsche liegen.
Im Bundesstaat Roraima konzentriert sich das Geschäft mit dem Gold. Laut Statistiken von Comex Stat, dem Außenhandelsportal des Wirtschaftsministeriums, wurden seit September 2018 194 Kilogramm Gold aus Roraima nach Indien exportiert. Im Jahr 2019 stellt Gold das zweitwichtigste Exportgut in Roraima dar, obwohl keine einzige Goldmine legal in diesem Bundesstaat registriert wurde. Nach Recherchen von BBC Brasil liegt der Verdacht nahe, dass die Goldgewinnung inzwischen derart über die Möglichkeiten des Schwarzmarkts hinausgewachsen ist, dass Goldgräber Rechnungen bei einer offiziell registrieren Bergbaugesellschaft kauften, um die Herkunft des illegal gewonnen Golds vertuschen und es zu den höheren Marktpreisen weiterverkaufen zu können.