Kolumbien / Politik

Gewalt gegen Kandidierende im Vorfeld der Regionalwahlen in Kolumbien

Wahlkampf in einigen Regionen des Landes durch Gewalt erschwert. Wahlbeobachtungsmission bestätigt sechs ermordete Kandidaten

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Tabelle Anzahl Drohungen, Tote
Die Wahlbeobachtungsmission führt Statistik über die Gewalt nach nur einem Monat Wahlkampf

Bogotá. Am 27. Oktober dieses Jahres finden in Kolumbien die Regionalwahlen statt, bei denen unter anderem neue Gouverneure, Ratsmitglieder und Bürgermeister gewählt werden. Bereits nach einem Monat Wahlkampf beherrscht die Gewalt den politischen Alltag des Landes. Die Wahlbeobachtungsmission (MOE) verzeichnet bis dato sechs Morde an Kandidaten: zwei für Bürgermeisterämter und vier für eine Ratsmitgliedschaft.

Die jüngsten Opfer sind eine Kandidatin und ein Kandidat für ein Bürgermeisteramt. In Suárez (Cauca) starben am 2. September Karina García Sierra sowie ihre Mutter und drei Personen aus ihrem Wahlkampfteam. Sie waren für die Liberale Partei (Partido Liberal) auf Wahlkampftour. Als Täter machte die Regierung Farc-Dissidenten aus. Verteidigungsminister Guillermo Botero setzte eine Belohnung von umgerechnet 40.000 Euro für die Ergreifung von 'Mayinbú' und 'Marlon' aus, denen die Täterschaft nachgesagt wird. Er kündigte außerdem die Aufstellung eines Sonderermittlungsteams aus Polizei und Staatsanwaltschaft und die Verstärkung der militärischen und polizeilichen Präsenz im Norden Caucas an. In einer Stellungnahme der Kolumne Jaime Martines der reaktivierten Farc-EP vom 2. September wies die Guerilla indes die Verantwortung für die Morde zurück und distanzierte sich von jeglichen Angriffen auf Kandidierende für die Regionalwahlen.

Nur wenige Tage später wurde in Toledo (Antioquia) Orly García mit einer Schusswaffe angegriffen. Er erlag wenig später den Verletzungen. García warb in der Region um Stimmen für die rechtskonservative Partei der demokratischen Mitte (Centro Democrático). Beide Taten wurden von Politikern verurteilt und bedauert. Der Ex-Präsident und Parteigründer Álvaro Uribe reagierte via Twitter mit der Warnung, dass die "Verbrecher" sich besser ein Versteck suchen sollten, da "wir mit den Streitkräften, der Verfassung und dem Gesetz durch ganz Kolumbien ziehen und die Demokratie unterstützen werden."

Unter den Hauptakteuren hinter den politischen Morden, Drohungen und Entführungen werden hauptsächlich illegale bewaffnete Gruppen vermutet, die um die Kontrolle des Territoriums für Drogenhandel und den illegalen Bergbau kämpfen. Besonders betroffen sind die Departamentos Cauca, Sucre, Bolívar und Antioquia.

Der kürzlich veröffentlichte Bericht der Stiftung Frieden und Versöhnung (Fundación Paz y Reconciliación, Pares), in dem sie die Entwicklung der Sicherheitslage des Landes seit Unterzeichnung des Friedensabkommens 2016 analysierte, bestätigt die Verschlechterung der Situation. Von 281 Gemeinden, die für den Zeitraum besonders untersucht wurden, sind rund 123 nach dem Abzug der Farc-Guerilla nun von anderen illegalen bewaffneten Gruppen und kriminellen Organisationen übernommen worden.

Die Wahlbeobachtungsmission weist zudem in ihrem Bericht zur politischen Gewalt darauf hin, dass seit der Festlegung der Wahltermine am 27. Oktober 2018 bis zum 27. August dieses Jahres insgesamt 364 politische, soziale und kommunale Anführer Opfer bewaffneter Angriffe wurden. In ihrer aktuellen Statistik zu den Regionalwahlen im Oktober wurden insgesamt 24 Gewaltakte gegen Politiker oder Kandidaten für ein lokales Amt registriert. Davon waren fünf Morde, ein Angriff, eine Entführung und zehn Bedrohungen. Mit Orly García steigt die Zahl der Morde nun innerhalb weniger Tage auf sechs an.