Experte aus Venezuela kritisiert im Bundestag Sanktionspolitik der USA

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Warnung vor Folgen von US-Sanktionen gegen Venezuela: Antillano – hier im gelben Oberteil – im Bundestag
Warnung vor Folgen von US-Sanktionen gegen Venezuela: Antillano – hier im gelben Oberteil – im Bundestag

Berlin. Der Sozialwissenschaftler Andrés Antillano hat im Bundestag für eine friedliche Lösung des Konfliktes in Venezuela plädiert und die Rolle der USA scharf kritisiert. Die Bundesregierung und die EU rief der Professor an der Zentraluniversität von Venezuela und Aktivist dazu auf, eine konstruktive Rolle zu spielen. "Das Wichtigste ist eine friedliche Lösung, bei der die Souveränität Venezuelas bewahrt wird", so Antillano bei einem Fachgespräch der Linksfraktion im Bundestag.

Die Selbstausrufung des Oppositionspolitikers Juan Guaidó zum "Übergangspräsidenten" am 23. Januar bezeichnete Antillano als wichtige Zäsur in einem innenpolitischen Konflikt, der sich seit dem Sieg der Regierungsgegner bei der Parlamentswahl 2015 stetig zuspitzt. Mit der offenen Unterstützung Guaidos durch die USA sei die "Gestaltungsmacht in einem erheblichen Maße an Washington abgegeben worden", sagte er bei dem Fachgespräch, das von den Linken-Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko und Heike Hänsel organisiert worden war.

Dennoch sei die Strategie der Opposition weitgehend ins Leere gelaufen. Weder sei es ihr gelungen, durch Drohungen oder Amnestieangebote die Armee zu spalten, noch einen Putsch durchzuführen. Am deutlichsten sei das Scheitern der Gruppe um Guaidó im April geworden, als der Politiker in den frühen Morgenstunden von einer Autobahn in Caracas aus zum Staatsstreich aufrief – und niemand kam.

Die Armee – so Antillano – sei heute in Venezuela "der vielleicht einzige Akteur, der auf nationale Ebene kohärent handelt. Man müsse verstehe, dass die Streitkräfte in Venezuela seit dem Sturz der Diktatur von Marcos Pérez Jiménez im Jahr 1958 nicht mehr ins politische Geschehen eingegriffen haben. "Die Armeeführung weiß genau, dass die Beteiligung an einem Aufstand gegen die Regierung von Präsident Nicolás Maduro heute schwere interne Konflikte provozieren würde", sagte er. Daher sehe er nicht, dass sich die Streitkräfte auch nur in Teilen Guaidó anschließen würden, zumal das ihrer ideologischen Linie widersprechen würde.

Heftige Kritik übte Antillano an den Sanktionen der USA, die immer deutlicher auf einen institutionellen Zusammenbruch in Venezuela hinwirkten. "Der erste Sanktionierte war der Wirtschaftsminister, der daraufhin die Schulden mit den Gläubigern nicht mehr neu verhandeln konnte, was die Wirtschafts- und Liquiditätskrise verschärfte", erklärte er. Im Jahr 2017 seien dann seitens der USA Finanzsanktionen und 2018 Sanktionen gegen die Erdölindustrie hinzugekommen. Dies sei mit der Konfiszierung von venezolanischem staatlichem Eigentum und der extraterritorialen Anwendung der Sanktionen einhergegangen.

Kritisch sah Antillano die enge Bindung der Gruppe um Guaidó an die USA. Die negativen Folgen hätten sich bei den von Norwegen initiierten Verhandlungen in Oslo und Barbados gezeigt. Eine Verhandlungslösung hätte in zwei Schritten bestehen können: "Die Forderung der Opposition nach einer Reform der Wahlbehörde CNE wird ebenso umgesetzt wie die Einbindung der Auslandsvenezolaner in Wahlen, zum anderen werden die Sanktionen gegen die Regierung zurückgenommen." US-Präsident Donald Trump habe aber schon erklärt, es gebe nichts zu verhandeln. "Washington hat damit der Opposition um Guaidó die Verhandlungsmasse genommen und bewiesen, dass die US-Agenda im Kern den gesamtvenezolanischen Interessen entgegensteht", schlussfolgerte Antillano.