Straßen in Ecuador werden gereinigt, Parteien und Presse politisch gesäubert

Festnahmen und Exilierung von Opposition in Ecuador gehen weiter. Repression sorgt für zunehmenden Widerspruch

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Polizei in den Räumen der Partei Compromiso Social RC5. Das Bild von Ex-Präsident Correa im Hintergrund wurde vor Veröffentlichung durch die Staatsanwaltschaft unkenntlich gemacht
Polizei in den Räumen der Partei Compromiso Social RC5. Das Bild von Ex-Präsident Correa im Hintergrund wurde vor Veröffentlichung durch die Staatsanwaltschaft unkenntlich gemacht

Quito/Mexiko-Stadt. Mexiko hat im Zuge der politischen Krise in Ecuador inzwischen ein gutes halbes Dutzend Oppositionsvertreter in seiner Botschaft in Quito aufgenommen, um sie vor politischer Verfolgung zu schützen. Asyl gewährt worden sei:

  • Luis Fernando Molina, stellvertretender Abgeordneter der Nationalversammlung (Nationalabgeordneter);
  • Soledad Buendía, Nationalabgeordnete;
  • Ihr Ehepartner, der ehemalige Vizepräsident des Bürgerbeteiligungsrates, Edwin Jarrín;
  • Carlos Viteri, Nationalabgeordneter;
  • Viteris Ehefrau Tania Pauker;
  • Leónidas Aníbal Moreno Ordóñez, Justizfunktionär der Präfektur Pichin;
  • Luis Fernando Molina Onofa, Nachrück-Abgeordneter der Alianza País und Mitglied des Anwältsteams, das den ehemaligen Präsidenten Rafael Correa (2007-2017) verteidigt.

Bereits seit dem 12. Oktober hält sich die Abgeordnete Gabriela Rivadeneira in der mexikanischen Botschaft in Quito auf. Mexiko bekräftigt mit dieser Asylpolitik nach eigenen Angaben sein "Engagement zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte aller Menschen, unabhängig von ihrer politischen Orientierung". Die Regierung von Präsident Andrés Manuel López Obrador reagiert damit auf zunehmende Repression in Ecuador gegen Anhänger des ehemaligen Präsidenten (2007-2017) Rafael Correa, einem harschen Kritiker seines Amtsnachfolgers Lenín Moreno. Der Verdacht: Während nach zwölf Tagen heftiger Proteste gegen ein neoliberales Maßnahmenpaket die Straßen in Ecuador gereinigt werden, setzt die Moreno-Führung mit Hilfe der Polizei und einer willfährigen Justiz zu politischen Säuberungen an.

Die Staatsanwaltschaft hat im Rahmen der Ermittlungen gegen die Präfektin von Pichincha, Paola Pabón, den Hauptsitz der Partei Compromiso Social RC5 durchsucht, informierte die linksgerichtete Gruppierung in einem Kommuniqué. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, sie habe aufgrund "dringenden Tatverdachtes" fünf Laptops, zwei Festplatten und zwei Mobiltelefone beschlagnahmt. Die Partei Bürgerrevolution (Revolución Ciudadana, RC) des Ex-Präsidenten Correa beklagte, ihre Mitglieder würden ohne "Beweise und unter Verletzung der Menschenrechte" verfolgt.

Mehrere Medien hatten in den vergangenen Tagen Übergriffe der Polizei und Zensurmaßnahmen staatlicher Behörden öffentlich gemacht. Auch das Signal des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur wurde abgeschaltet, nach Protesten offenbar aber wieder freigegeben. Dafür meldeten mehrere kleine Medien wie die unabhängige "Lateinamerikanische Informationsagentur" (Agencia Latinoamericana de Informacion, ALAI), ein amerika21-Kooperationspartner, ihr Internet sei im Hauptsitz in Quito seit dem 10. Oktober außer Funktion. 

Präsident Moreno hat indes nach Verhandlungen mit den Indigenenverbänden Conaie, Feine und Fenocin am Montag offiziell das Dekret 883 vom 1. Oktober zur Streichung der Treibstoffsubventionen aufgehoben und eine nicht näher bestimmte Reform der Preise für Gas, Benzin und Diesel angekündigt. Bis diese erarbeitet sein werde, sollen die alten Preise wieder gelten. Die Streichung der Subventionen hatte zu den Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF) bei der Gewährung eines Milliardenkredits an die Regierung Moreno gehört. Andere vom IWF verlangte Austeritätsmaßnahmen, wie die Kürzung der Gehälter der Staatsangestellten um 20 Prozent, weitere Budgetkürzungen und die Flexibilisierung von Arbeitsverträgen waren offenbar nicht Thema der Gespräche zwischen den Vertretern der Indigenen und der Regierung und kommen in dem neuen Präsidialdekret 894 nicht vor. Ob Moreno sein Ziel erreichen wird, die Protestbewegung, die sich auch gegen das IWF-Diktat und seine neoliberale Politik richtete, zu befrieden, wird sich zeigen.

IWF-Chefökonomin Gita Gopinath erklärte am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Washington, die Institution begrüße die Einigung zwischen Regierung und indigener Bewegung und hoffe, dass die neuen wirtschaftlichen Maßnahmen, die Präsident Moreno angeboten habe, "erfolgreich" und für alle Beteiligten von Vorteil sein werden. "Wir unterstützen die Regierung. Dies sind schwierige Zeiten, und wir möchten, dass die Reformen durchgeführt werden und erfolgreich sind", so Gopinath.