Bolivien / Politik

Stichwahl in Bolivien wahrscheinlich

Laut vorläufigen Ergebnissen hat der amtierende Präsident die nötige Stimmenzahl für einen Sieg in der ersten Runde knapp verfehlt. Mehr als 200 internationale Wahlbeobachter vor Ort

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Evo Morales vor der Stimmabgabe in der Gemeinde Villa 14 de Septiembre in Cochabamba
Evo Morales vor der Stimmabgabe in der Gemeinde Villa 14 de Septiembre in Cochabamba

La Paz. Wie die Wahlbehörde von Bolivien in einer ersten Bekanntmachung über die vorläufigen Ergebnisse der Präsidenschaftswahl bekanntgegeben hat, kam bisher keiner der Kandidaten auf die notwendige Stimmenzahl. Nach Auszählung von 83,76 der gültigen Wahlscheine erreichte Amtsinhaber Evo Morales 45,28 Prozent, der wichtigste Gegenspieler der Opposition, Carlos Mesa, 38,16 Prozent. Um in der ersten Runde zu gewinnen, hätte einer der Kandidaten mehr als 50 oder mindestens 40 Prozent der Stimmen mit einem Abstand von zehn Prozentpunkten zum Zweitplazierten erreichen müssen. Nun wird im Dezember ein zweiter Wahlgang stattfinden.

Von den gut elf Millionen Einwohnern waren 7.315.364 Wahlberechtigte aufgerufen, den Präsidenten und seinen Vize sowie 130 Abgeordnete und 36 Senatoren für die Periode 2020 bis 2025 zu bestimmen. Nach Informationen der Präsidentin der Wahlbehörde, Maria Eugenia Choque, waren mehr als 200 Wahlbeobachter internationaler Organisationen anwesend, unter ihnen 92 Vertreter der Organisation Amerikanischer Staaten. Die ersten Ergebnisse wurden um 19:40 Uhr (Lokalzeit) bekanntgegeben, die Wahllokale waren von 8 bis 16 Uhr geöffnet.

2014 war Morales im ersten Wahlgang noch mit 61 Prozent der Stimmen gewählt worden.

Der Präsident hatte mit seiner Regierungspartei "Bewegung zum Sozialismus" (MAS) den Wahlkampf unter dem Motto "Sichere Zukunft" geführt und sich auf die erzielten wirtschaftlichen und sozialen Erfolge seit seinem Amtsantritt gestützt. Die MAS-Regierung kann auf wirtschaftliche Stabilität und die höchsten Wachstumsraten (durchschnittlich vier Prozent) in der Region verweisen. Und laut Daten der Weltbank wurde die Armutsrate von 60 Prozent (2006) auf 35 Prozent (2018), die extreme Armut von 40 auf 15 Prozent gesenkt. Möglich war dies durch die Rückgewinnung der staatlichen Kontrolle über die Rohstoffe und strategischen Unternehmen. Die Nationalisierung der Gas- und Erdölvorkommen brachte dem Staat Millioneneinkünfte, mit denen großangelegte Sozialprogramme, die Industrialisierung und der Aufbau einer Infrastruktur durchgeführt wurden.

Der Kandidat der Opposition, Carlos Mesa, hatte in seiner Wahlkampagne mit dem Bündnis "Bürgergemeinschaft" unter dem Motto "Es ist genug" in erster Linie für die Ablösung der aktuellen Regierung und "Für ein besseres Bolivien" geworben. Sein Vorschlag war die Etablierung einer "Grünen Ökonomie" und der Verzicht auf staatliche Lenkung der Wirtschaft. Dem Präsidenten und der MAS warf er Korruption, Vetternwirtschaft und Autoritarismus vor. Zuletzt hatte er sie für die massiven Brände im Amazonasgebiet verantwortlich gemacht. Morales‘ Kandidatur erkannte er nicht an und bezeichnetet sie als illegal. Tatsächlich war sie umstritten: Ein Referendum darüber, ob eine vierte Amtszeit eines Präsidenten möglich sein soll, hatte die MAS 2016 verloren. Nach einer Beschwerde erlaubte das Verfassungsgericht jedoch die unbegrenzte Wiederwahl bei Präsidentschafts-, Parlaments- und Regionalwahlen.

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