Mexiko: Mord an Fotojournalistin noch immer nicht aufgeklärt

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Schrein für die drei Ermordeten in Juchitán de Zaragoza, Oaxaca
Schrein für die drei Ermordeten in Juchitán de Zaragoza, Oaxaca

Juchitán de Zaragoza, Oaxaca. Mehr als ein Jahr und vier Monate nach dem Mord an der Fotojournalistin María del Sol Cruz Jarquín in Oaxaca sind die Hintergründe weiter ungeklärt. Sie war im Vorfeld der Gemeindewahlen in Juchitán im Tross der Kandidatin für die Koalition PRI-PVEM-PANAL, Pamela Terán, unterwegs, als Auftragsmörder die beiden Frauen und ihren Fahrer Adelfo Guerra am 2. Juni 2018 erschossen.

Laut Soledad Jarquín Edgar, der Mutter von del Sol, ist zwar mittlerweile ein Mann als Mittäter angeklagt und in Untersuchungshaft, allerdings weisen die Ermittlungen zahlreiche Ungereimtheiten auf.

Klar scheint, dass die Mörder auf die Gruppe um die Vizekandidatin für das Bürgermeisteramt der Kleinstadt gewartet haben.

Allerdings gehörten dem Tross nur wenige Minuten vor dem Attentat noch fünf Personen an: Kampagnenmitarbeiter Jehú "G.L.", der mehrere Anrufe auf dem Handy erhielt und kurz vor der Gruppe die Bar "Jardín" verließ, mit der Ausrede, seine Mutter suche ihn. Und der mittlerweile verhaftete José Eduardo "L.C.", Fotograf der Kandidatin. Dieser taucht auf einem Video auf, das die Kamera eines benachbarten Chinarestaurants aufgenommen hat. Darin ist zu sehen, wie die Gruppe sich gegen zwei Uhr morgens von der Bar in Richtung Auto bewegt. Das Attentat selbst ist nicht zu sehen, "aber auf den letzten Aufnahmen legt L.C., der als Letzter geht, den Personen vor ihm die Hände auf und hält sie dann in die Höhe, wie zum Signal", erklärt Jarquín Edgar. Eine Minute später erreicht der Staub, der von den Salven der automatischen Waffen aufgewirbelt wird, das Bild.

L.C. verschwindet nach der Tat und wird erst im Mai 2019 verhaftet. G.L. wird im August 2018 verhaftet, allerdings schon im September aufgrund mangelhafter Beweisführung der Staatsanwaltschaft wieder freigelassen.

Doch das ist nicht die einzige Unregelmäßigkeit: Schon eine halbe Stunde nach der Tat seien etwa 70 Personen am Tatort erschienen und hätten die Leichen von Terán und Guerra mitgenommen, den Körper ihrer Tochter ließen sie am Tatort zurück, so Soledad Jarquín.

Der Vater von Terán wird hinter vorgehaltener Hand der "Chapo des Istmo" genannt, auch der Halbbruder soll in Drogengeschäfte verwickelt sein. Mehrere Verwandte sind als politische Beamte in der Verwaltung von Juchitán tätig. Verwickelt sind auch zwei PRI-Politiker: Die Brüder Francisco und Hageo Montero López. Francisco ist im Sommer 2018 Minister für indigene Angelegenheiten der Landesregierung, Maria del Sol ist Leiterin seiner Pressestelle. Hageo ist Bürgermeisterkandidat für Juchitán für die Koalition PRI-PVEM-PANAL, im Gespann mit Pamela Terán.

Obwohl ihr Einsatz in der Kampagne ein Wahldelikt darstellt, weil sie öffentliche Angestellte ist, schickt Francisco López María del Sol in den Istmus von Tehuantepec, um dort die Auftritte seines Bruders und Teráns zu begleiten. Im Nachhinein wird Hageo dafür vom Wahlgericht zu einer Geldstrafe verurteilt, seinen Posten als leitender Angestellter in Juchitán darf er allerdings behalten.

Soledad Jarquín berichtet, dass die Staatsanwaltschaft hauptsächlich die politischen Hintergründe der Tat untersucht. Die Verbindungsnachweise des Handys des Verdächtigen G.L. hätten offengelegt, dass die Anrufe um zwei Uhr morgens von den Brüdern Montero López ausgegangen seien.

Dennoch wurden die Auftraggeber des Mordes bisher noch nicht ermittelt, beklagt die Journalistin. "Die Staatsanwaltschaft untersucht ihren Tod auch nicht als Femizid. Obwohl sie dazu nach dem Urteil des Obersten Bundesgerichts verpflichtet ist." Jarquín Edgar hat schon kurz nach dem Mord Drohungen erhalten und wurde daraufhin ins nationale Schutzprogramm für Menschenrechtsverteidiger und Journalisten aufgenommen. Seitdem wird sie ständig von Bodyguards begleitet.

Der Fall von María del Sol Cruz Jarquín ist ein Beispiel für die extreme frauenfeindliche und politische Gewalt im Bundesstaat Oaxaca. Laut der Organisation GES Mujer wurden zwischen Januar und Juni 78 Frauen ermordet. Der Menschenrechtsorganisation Consorcio zufolge sind 2019 bereits fünf Menschrenrechtsverteidiger einem Mord zum Opfer gefallen, drei davon am Istmus von Tehuantepec.