Peru / Politik

Peru: Neuwahlen finden wie geplant 2020 statt

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Präsident Vizcarra forderte im Kongress Neuwahlen
Forderte Neuwahlen: Bei seiner Rede zu den Nationalfeierlichkeiten am 28. Juli brachte Vizcarra den Vorstoß ein

Lima. Das Verfassungsgericht von Peru hat einen Antrag des Kongresses auf Suspendierung der für Januar 2020 angesetzten Wahlen zurückgewiesen. Die vorgetragenen Gründe basierten auf keiner sachlichen Grundlage, beschied das Gericht. Die von Präsident Martín Vizcarra vorgezogenen Wahlen werden somit wie geplant stattfinden.

Nach dem monatelangen Machtkampf zwischen Vizcarra und dem von einer rechtskonservativen Mehrheit dominierten Kongress, der im September in dessen Auflösung gipfelte, stellte die Klage der im Kongress verbliebenen Permanenten Kommission einen weiteren Versuch dar, die vom Präsidenten geplanten politischen Reformen zu verhindern. Vizcarra wiederum hatte dem Kongress wiederholt vorgeworfen, seine Anti-Korruptions-Maßnahmen zu sabotieren, um korrupte Politiker in den eigenen Reihen vor Strafverfolgung zu schützen.

Meinungsumfragen zufolge ist die Zustimmung zur Auflösung des Parlaments in der Bevölkerung indes auf 87 Prozent angestiegen. Dies entspricht einem Zuwachs von sieben Prozent im Vergleich zum Vormonat.

Zugleich haben acht der an den kommenden Kongresswahlen teilnehmenden Parteien diese Woche ihre Kandidatenlisten aufgestellt. Den Parteien wurde dabei freigestellt, die von Vizcarra initiierten Reformen zur Stärkung der parteiinternen Demokratie bereits jetzt umzusetzen: Dies hätte eine Hinzuziehung des Nationalen Büros für Wahlprozesse (ONPE) und eine demokratische Öffnung der Listenwahlen bedeutet. Zwar haben bereits fünf Parteien die Hilfe der ONPE angefordert; die Parteien, die ihre Listen bereits erstellt haben, taten dies hingegen nach dem alten Verfahren. "Es gibt eine klare Angst der Parteien vor einer externen Institution, die sie beobachtet", erklärte der Soziologe und Ex-Präsident der Kommission für politische Reformen, Fernando Tuesta. Zugleich ist dies die letzte Möglichkeit für die Parteien, ihre Kandidaten parteiintern zu bestimmen. Zukünftig wird es verpflichtend sein, die Listen sowohl von Parteimitgliedern als auch von Bürgern in offenen und gleichzeitigen Wahlen auf nationaler Ebene erstellen zu lassen.

Die von Vizcarra initiierten politischen und juristischen Reformen könnten die politische Krise, in der sich das Land befindet, jedoch nicht lösen, meint der Soziologe Nicolás Lynch. Diese habe ihren Ursprung vielmehr in der neoliberal konstituierten Verfassung von 1993, die systematisch die Privilegien einiger Weniger auf Kosten der Mehrheit verteidige. Verabschiedet wurde sie unter dem damaligen Präsidenten Alberto Fujimori und stelle insofern "das Produkt eines Putsches dar, der durch eine autoritäre Regierung durchgeführt wurde, um an der Macht zu bleiben". Sie formuliere eine klare neoliberale und antidemokratische Hegemonie und habe die Rahmenbedingungen für die weit verbreitete Korruption erst geschaffen: "Diese Republik ist korrupt geboren worden, weil sie in der Art, in der sie konstruiert wurde, nichts anderes werden konnte", so Lynch weiter.

Der politische Konflikt, der seinen Höhepunkt in der Auflösung des Kongresses durch Präsident Vizcarra erreichte, sei daher im Wesentlichen "ein Kampf zwischen zwei Sektoren innerhalb eines neoliberalen Regimes". Auf der einen Seite befinde sich der Teil jener korrupten Politiker, die das Modell in den letzten 30 Jahren ausgenutzt und sich daran bereichert hätten und nun "noch um sich schlagen, aber schon halb tot sind". Auf der anderen Seite befänden sich Vizcarra und seine Verbündeten, die mittels ihrer Reformen vorgäben, Lösungen für die politische Krise zu finden. Als Reformer des weiter bestehenden und von ihnen aktiv vorangetriebenen neoliberalen Modells stellten sie jedoch nicht die Frage nach den Wurzeln des Problems. Progressive Bewegungen, die sich nun hinter Vizcarras Anti-Korruptions-Maßnahmen stellten, würden ihren Anliegen damit keinen Gefallen tun. Ziel müsse daher die Initiierung eines neues verfassungsgebenden demokratischen Prozesses sein.