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Brasilien: Journalisten bei Pro-Bolsonaro-Demo angegriffen

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Nach gewalttätigem Angriff: Dida Sampaio, Fotograf der Tageszeitung Estadão, wird aus der Demo eskortiert
Nach gewalttätigem Angriff: Dida Sampaio, Fotograf der Tageszeitung Estadão, wird aus der Demo eskortiert

Brasília. Beim diesjährigen Internationalen Tag der Pressefreiheit ist es in Brasiliens Hauptstadt am Rande einer Demonstration von Anhängern des rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro zu Übergriffen auf Journalisten gekommen. Bolsonaro hatte die Stimmung zuvor angeheizt: "Einer Sache bin ich mir sicher: Das Volk ist ungehalten und es hat die Armee auf seiner Seite", sagte er bei der Kundgebung. Unterstützer des Präsidenten forderten vor seinem Amtssitz angesichts einer an Schwere gewinnenden institutionellen Krise die Suspendierung des Kongresses und des Obersten Gerichts.

Die Demonstration unter Anwesenheit von Bolsonaro  am Internationalen Tag der Pressefreiheit  endete in Schlägereien: Der Fotograf Dida Sampaio der Zeitung Estadão und der Fahrer des Teams, Marcos Pereira, wurden als erste angegriffen. Der Reporter der Tageszeitung Folha de São Paulo versuchte, die beiden zu verteidigen und musste selber Schläge einstecken. Auch Nivaldo Carboni, Journalist von Poder 360, wurde angegriffen. Alle Opfer wurden unter Polizeibegleitung in Sicherheit gebracht und befinden sich in gutem Zustand. Oppositionspolitiker  verurteilten die Angriffe sowie die aggresive Rede des Präsidenten.

"Die Aggression, die am Internationalen Tag der Pressefreiheit von den militanten Bolsonaro-Unterstützern gegen das Team von Estadão ausging, ist absolut unzulässig. Gewalt und Intoleranz gewinnen an Stärke. Das ist die Brut eines Präsidenten, der die Demokratie angreift und der sich von Hass und Autoritarismus nährt", sagte André Figueiredo, Vorsitzender der Opposition im Abgeordnetenhaus.

"Es gibt gesetzliche Grenzen, die durch die Verfassung vorgeschrieben sind und für alle gelten – auch und insbesondere für den Präsidenten. Die einzige, die hier ungehalten ist, ist die Gesellschaft unter einem Regierenden, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, Chaos und Unordnung stiftet – und das inmitten einer gesundheitspolitischen und wirtschaftlichen Krise", so der Präsident der brasilianischen Anwaltskammer, Felipe Santa Cruz.

Auch die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Carmen Lúcia, verurteilte die Geschehnisse aufs Schärfste: "Es ist inakzeptabel und unerklärlich, dass wir am Tag der Pressefreiheit noch immer Bürger haben, die nicht verstehen, dass wir nur durch den Beitrag der Presse frei sein können. Sie garantiert die Meinungsfreiheit, ohne die es keine Würde gibt. Und ohne Würde keine Freiheit. Und es gibt keine Freiheit ohne aktuelle Informationen über das, was vor sich geht. Dieser Rolle geht die Presse hervorragend nach, weil es ihre Pflicht ist und weil sie so die Freiheit eines jeden von uns garantiert."

Rodrigo Maia, Präsident der Abgeordnetenkammer, erklärte: "Gestern waren es die Krankenpfleger, heute die Leute von der Presse, und morgen trifft es jede und jeden, der oder die nicht die Weltanschauung dieser Leute vertritt. Es liegt jetzt an den demokratischen Institutionen, die Gebote der Rechtsordnung auf diese Gruppe anzuwenden, die Politik mit Terrorspielen verwechselt. Die Justiz muss schnell handeln und diese Kriminellen bestrafen. Meine Solidarität gilt den Journalisten, die von ihnen angegriffen wurden. In Brasilien müssen wir leider zwei Viren gleichzeitig bekämpfen: das Coronavirus und das Virus des Extremismus, dessen schlimmste Auswirkungen Ignoranz gegenüber der Wissenschaft und die Leugnung der Realität sind. Der Weg dorthin wird schwer, aber die Demokratie und die Brasilianer, die in Frieden leben wollen, werden gewinnen."