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Corona unter Kontrolle: Kuba erlässt Lockerungen

Öffentliches Leben soll wie auch der Tourismus nun schrittweise wieder hochgefahren werden. Erfolge für Pharmaindustrie

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Kuba Präsident Díaz-Canel bespricht im Fernsehen die Maßnahmen zur Lockerung, nachdem die Corona-Lage unter Kontrolle scheint
Kuba Präsident Díaz-Canel bespricht im Fernsehen die Maßnahmen zur Lockerung, nachdem die Corona-Lage unter Kontrolle scheint

Havanna. Aufgrund einer stark abnehmenden Zahl an Corona-Neuinfektionen und nach mehreren Tagen ohne einen Toten infolge des Virus hat Kuba einen Plan für schrittweise Lockerungen vorgestellt. "Wir sind in der Lage, das Virus zu kontrollieren", erklärte Staatspräsident Miguel Díaz-Canel am Donnerstagabend in der Fernsehsendung Mesa Redonda. Auch der Tourismus soll nun langsam wieder anlaufen.

Die Phasen richten sich nach dem Verlauf des Infektionsgeschehens, so der Präsident. Mitte kommender Woche solle die erste Phase beginnen. Während dieser bleiben die meisten Einschränkungen des öffentlichen Lebens bestehen: So seien die Regeln des "Abstandhaltens" weiterhin einzuhalten und der Mund-Nasen-Schutz soll im öffentlichen Raum nach wie vor getragen werden. Über den Sommer bleiben Großveranstaltungen, wie der Karneval im Juli, untersagt. Dagegen sollen Museen wieder öffnen, ebenso wie ein Teil der Schwimmbäder. Die Öffnung der Strände wird den Gemeinden freigestellt.

Die Schulen sollen im September wieder öffnen. Da in Kuba keine E-Learning-Infrastruktur verbreitet ist, müssen die Schüler zunächst das im März abgebrochene Schuljahr beenden. Der Beginn des neuen Schuljahres wird auf November verschoben. Die Universitäten sollen erst in Phase 3 wieder öffnen.

Mit besonderer Spannung waren die Regelungen für den Tourismus erwartet worden, einen der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren in Kuba. Díaz-Canel kündigte an, dass bei jedem Einreisenden ein Corona-Test durchgeführt und Fieber gemessen werde. Zunächst solle jedoch nur der lokale Tourismus wieder anlaufen. In der zweiten Phase werden die Cayos, kleine Badeinseln im Süden und Norden Kubas, für den internationalen Tourismus geöffnet. Erst danach werden sich die Gassen der Altstadt Havannas oder der beliebte Strandort Varadero wieder mit Touristen füllen können.

Auch im Verlauf der Lockerungen sollen Angestellte, die nicht zur Arbeit gehen können, wie bisher einen hundertprozentigen Lohnausgleich erhalten. Während der ersten Phase bleiben zudem Strom und Gas für alle Haushalte kostenlos. Härter hat die Krise die Selbstständigen, die "Cuentapropistas", getroffen, vor allem jene, deren Dienstleistungen mit dem Tourismus zu tun haben.

Kuba hatte bereits kurz nachdem italienische Urlauber Anfang März das Virus auf die Insel gebracht hatten, starke Einschränkungen des öffentlichen Lebens veranlasst. Zudem setzte die Regierung auf eine möglichst genaue Nachverfolgung der Infizierten und deren Kontaktpersonen. Zehntausende Ärzte, Krankenpfleger und Medizinstudierende zogen regelmäßig von Tür zu Tür und befragten die Anwohner, ob in ihrem Haushalt Corona-ähnliche Symptome aufgetreten waren. Dieses Vorgehen ist in Kuba nicht unüblich und wird unter anderem auch zur Kontrolle des Dengue-Fiebers angewandt.

Außerdem hat die kubanische Pharmaindustrie mehrere Medikamente entwickelt, die den Verlauf der Covid-19-Krankheit abschwächen sollen. Laut einer aktuellen Studie hat vor allem der von der Firma BioCubaFarma hergestellte Wirkstoff Interferon alfa die Sterblichkeit von Patienten erheblich gesenkt: "Eine Studie der ersten 700 Patienten in unserem Land hat gezeigt, dass deren Mortalität bei 2,7 Prozent lag; bei den Patienten, die Interferon bekamen, starben dagegen nur 0,92 Prozent", erklärte der Vorsitzende des Staatsunternehmens Eduardo Martínez Díaz.

Neben der Behandlung mit Interferon setzte das kubanische Gesundheitssystem vor allem auf Prophylaxe: So wurden mehrere Präparate großflächig an Risikogruppen, etwa in Altenheimen und Kliniken, ausgegeben. Dort seien Atemwegserkrankungen im Vergleich zum Vorjahr sogar um 80 Prozent zurückgegangen, so Martínez.

Internationale Anerkennung erntete das sozialistische Land für die Entsendung von Ärzten in besonders von der Pandemie betroffene Länder. Bereits am Montag war das zweite Norditalien-Kontingent der Ärztebrigade "Henry Reeve" nach Kuba zurückgekehrt. Die Mediziner und Pflegekräfte hatten zwei Monate lang auf Bitte der italienischen Regierung in der besonders krisengeschüttelten Lombardei gegen das Coronavirus gekämpft.