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Drohungen gegen Parlament: Brasília sperrt Regierungsviertel

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Mit US-Fahne und Waffen: Anhänger der rechtsextremen Gruppe 300 do Brasil
Mit US-Fahne und Waffen: Anhänger der rechtsextremen Gruppe 300 do Brasil

Brasília. Der Gouverneur der brasilianischen Hauptstadt Brasília, Ibaneis Rocha, hat wegen einer erhöhten Bedrohungslage das Regierungsviertel sperren lassen. Laut Dekret bleibt der Zugang für die Öffentlichkeit bis Donnerstag dieser Woche abgeriegelt. Der Politiker der rechtskonservativen Partei Demokratische Brasilianische Bewegung (Movimento Democrático Brasileiro, MDB) begründete die Maßnahme mit möglichen Angriffen auf Verfassungsorgane wie den Obersten Gerichtshof (Supremo Tribunal Federal, STF) und den Kongress sowie gegen die Katholische Kirche. Die Entscheidung erfolgte, nachdem der polizeiliche Nachrichtendienst auf Bedrohungen gegen die Kurie von Brasília durch antidemokratische Gruppen hingewiesen hatte.

Seit Wochen demonstrieren Anhänger des ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro landesweit gegen die demokratischen Institutionen des Landes und rufen zum Umsturz auf. Zwar blieb ihre Anzahl stets überschaubar, doch demonstrierten Teile von ihnen mitunter bewaffnet. Auch am vergangenen Samstag riefen sie das Militär zur Machtübernahme und zur Schließung von Justiz und Parlament auf. Die Obersten Richter wurden zum Feindbild der Rechten, weil die Richter mehrere Ermittlungen gegen Bolsonaro und seine Söhne eingeleitet haben, die in dessen Amtsenthebung enden könnten. Im Raum stehen Amtsmissbrauch, Rechtsbruch im Wahlkampf und die vorsätzliche Verbreitung von Fake News. Zuletzt haben die Ermittlungsbehörden die Präsidentensöhne Carlos und Eduardo Bolsonaro als mutmaßliche Köpfe hinter der gezielten Veröffentlichung von falschen Nachrichten ausgemacht.

Erst am Sonntag beschossen Anhänger von Bolsonaro den Obersten Gerichtshof während einer Sitzung mit Feuerwerksraketen. Gerichtspräsident Dias Toffoli erklärte später, dass die Angriffe "von einem kleinen Teil der Bevölkerung und Mitgliedern des Staates selbst ausgehen". Tatsächlich hatten zuletzt Bolsonaros Bildungsminister Abraham Weintraub sowie einige rechte Abgeordnete der Regierung an einer Protestkundgebung teilgenommen, auf der zum Umsturz aufgerufen wurde.

Am Montag nahm die Bundespolizei auf Antrag des STF Mitglieder einer rechtsradikalen Gruppe namens "300 für Brasilien" fest, die Bolsonaro nahesteht. Unter den Inhaftierten befindet sich auch die Bolsonaro-Anhängerin Sara Winter, eine ehemalige Aktivistin der feministischen Gruppe Femen. Die Bundespolizei ermittelt wegen Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen kriminellen Vereinigung. Brasiliens Vize-Präsident, General a.D. Hamilton Mourão, hält die Festnahmen für übertrieben. Noch am Freitag vergangener Woche hatte er zusammen mit Bolsonaro ein Schreiben veröffentlicht, wonach die Streitkräfte "keine absurden Anordnungen ausführen" und keine Versuche "politischer Gerichtsurteile" akzeptierten.

Gegen die Regierung Bolsonaro gingen auch am vergangenen Wochenende wieder Tausende Menschen in vielen Städten auf die Straße. Anfangs waren die Proteste von linken, sozialen Basisgruppen organisiert, die die Amtsenthebung Bolsonaros fordern. Diesmal nahmen auch vermehrt Mitglieder linker Parteien wie der sozialistischen Partei (Partido Socialismo e Liberdade, PSOL) und der Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores, PT) teil.