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Nach mutmaßlichem Corona-Tod eines Anführers: Indigene lassen in Ecuador Geiseln frei

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Drei der von Indigenen im ecuadorianischen Amazonasgebiet Entführten, die mittlerweile wieder freigelassen wurden
Drei der von Indigenen im ecuadorianischen Amazonasgebiet Entführten, die mittlerweile wieder freigelassen wurden

Quito. Die Gemeinde Kumay in der ecuadorianischen Amazonasregion Pastaza hat zwei Polizisten, zwei Soldaten, eine Beamtin und eine Zivilperson drei Tagen nach ihrer Festsetzung wieder freigelassen. Die Indigenen hatten Druck auf die Regierung ausüben und damit die mittlerweile erfolgte Übergabe des Leichnams von Alberto Mashutak, einem ihrer Anführer, erwirken wollen. Dieser war Ende Mai mit Covid-19-Symptomen in einem Krankenhaus verstorben und weit entfernt von seiner Gemeinde begraben worden.

Innenministerin María Paula Romo begründete dies mit den Vorgaben der Regierung für den Umgang mit der Corona-Pandemie, mit denen weitere Infektionen verhindert werden sollen. Romo verurteilte das Vorgehen der Gemeinde heftig: "Die Polizei kann nicht als Tauschgut gesehen werden, nicht unter diesen und auch keinen anderen Umständen. Die Entführung ist eine Straftat."

Gleichzeitig deutete die Regierung an, in Zukunft das Recht indigener Völker auf Selbstbestimmung garantieren zu wollen und deren Weltanschauung zu respektieren. Die Gemeinde Kumay verlangte in diesem Fall ein Begräbnis nach eigener Tradition. Sie gehört den Shuar, einer der 14 indigenen Nationalitäten in Ecuador, zu der rund 110.000 Personen zählen. Ihre Rechte sind im plurinationalen Staat Ecuador von der Verfassung geschützt.

Als Reaktion auf die Festsetzung der sechs Personen und im Zuge von Verhandlungen wurde der Leichnam des indigenen Führers schließlich identifiziert und unter höchsten Hygienemaßnahmen am vergangenen Wochenende exhumiert. Nach der Übergabe an die Gemeinde Kumay dankte diese für die friedliche Lösung des Konflikts und ließ die sechs festgesetzten Personen noch am gleichen Tag frei. "Der Umgang mit uns war nicht so schlecht, er war gut. Sie gaben uns Essen, einen Ort, wo wir sein konnten, wir waren keinen physischen oder verbalen Aggressionen ausgesetzt", berichtete eine der Festgehaltenen. Alle sechs wurden im Anschluss medizinisch untersucht.

In ihrem Tweet zur Freilassung wies Romo auch darauf hin, dass das Gesundheitsministerium Warnungen für das Gebiet ausgesprochen habe, nachdem es im Zuge der von Romo selbst als "Geiselnahme" bezeichneten Aktion zu einer Ansammlung von 600 Personen gekommen war. Ecuador ist eines der am stärksten von der Pandemie betroffenen Länder Südamerikas, mit insgesamt 63.245 positiven Covid-19-Fällen und 4.873 Verstorbenen (Stand 08.07.). Der Indigenenverband Conaie berichtete am vergangenen Sonntag von 1.276 positiven Fällen und 37 Verstorbenen allein in der Amazonasregion.