Venezuela darf Berufung gegen Sperrung seiner Goldreserven in Großbritannien einlegen

Rechtsstreit um Gold bei der Bank of England geht weiter. Gericht "zwischen Recht und Politik"

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Sitz der Bank of England in London: Hier liegt Gold aus Venezuela
Sitz der Bank of England in London: Hier liegt Gold aus Venezuela

London. Die Zentralbank von Venezuela (BCV) hat das Recht zugesprochen bekommen, gegen ein britisches Gerichtsurteil Berufung einzulegen, mit dem ihr die Verfügung über 31 Tonnen Gold verweigert worden ist, die Venezuela bei der Bank of England (BoE) lagert.

Am 2. Juli erkannte der Oberste Gerichtshof Großbritanniens "den Oppositionsführer Juan Guaidó unmissverständlich als Präsident an", folgte damit der Position des britischen Außenministerium und sprach der Regierung von Nicolás Maduro das Recht auf Rückführung des Goldbesitzes der BCV ab. Seit Ende 2018 weigert sich die Bank of England, das in ihren Tresoren deponierte Gold zurückzugeben, dessen Wert auf 1,2 Milliarden US-Dollar geschätzt wird.

Die Anwälte der BCV gaben am Freitag bekannt, dass sie die Berufung erwirkt hätten, was sie als wichtigen Fortschritt in diesem Fall begrüßten. "Es kommt unglaublich selten vor, dass ein Prozessrichter gegen sein eigenes Urteil Berufung einlegen lässt, und wir freuen uns, dass uns eine beschränkte Berufung zugestanden wurde", sagte Sarosh Zaiwalla, Partner bei Zaiwalla & Co, wie von Reuters zitiert.

Die "Beschränkung" der Berufung bedeutet, dass nur der Teil des am 2. Juli abgegebenen Richterspruches, die sich auf die Frage der Justiziabilität bezieht, erneut geprüft werden kann.

Das Berufungsgericht wird entscheiden müssen, ob der Richter urteilen durfte, dass die Selbsternennung des venezolanischen Oppositionspolitikers Juan Guaidó zum "Interimspräsidenten von Venezuela", die von der britischen Regierung anerkannt wurde, und andere Handlungen von Guaidó in England nicht "justiziabel" sind, das heißt, sie sollten nicht überprüft werden, selbst wenn sie von der venezolanischen Justiz für illegal erklärt wurden.

Zaiwalla schloss seiner Genugtuung über den ersten Schritt an, dass er das Berufungsgericht bitten werde, "eine vollständigere Überprüfung des Urteils" zu akzeptieren, da er glaube, dass es darin Fragen gibt, die "zwischen Recht und Politik" liegen.

Während des ersten Prozesses argumentierte Nick Vineall, der Anwalt des rechtmäßigen BCV-Vorstands, dass die Londoner Regierung, obwohl sie 2019 Guaidó als "verfassungsmäßigen Interimspräsidenten bis zur Abhaltung glaubwürdiger Wahlen" anerkenne, in der Praxis "diplomatische Beziehungen" mit der tatsächlichen Exekutive in Venezuela unterhalte.

Im Mai reichte Caracas die Klage ein, um Zugang zu den Reserven zu erhalten, die die Regierung zu verkaufen und den Erlös an das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen zu überweisen plant. Damit sollen Nahrungsmittel, Medikamente und Gesundheitsausrüstung importiert werden, die zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie benötigt werden. Obwohl Venezuela nach wie vor zu den Ländern der Region gehört, die bisher am wenigsten vom Virus verwüstet wurden, nehmen die Fälle stetig zu, und das venezolanische Gesundheitssystem, das durch jahrelangen Mangel an Investitionen und durch US-Sanktionen angeschlagen ist, ist schlecht darauf vorbereitet, die Pandemie einzudämmen.

Das Rechtsteam von Guaido hat sich zu der Berufung nicht geäußert. Der zuvor wenig bekannte oppositionelle Abgeordnete proklamierte sich im Januar 2019 zum "Interimspräsidenten" Venezuelas und wurde von den USA und mehreren Dutzend ihrer Verbündeten anerkannt.

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump ging daraufhin dazu über, venezolanische Staatsvermögen im Ausland zu blockieren, darunter Millionen von Dollar auf Bankkonten sowie die in den USA ansässige Tochter des staatlichen Erdölunternehmens PDVSA, Citgo.

Washington verhängte auch lähmende Wirtschaftssanktionen mit dem Ziel, die Regierung Maduro zu stürzen, darunter ein umfassendes Handelsembargo mit sekundären Sanktionen gegen dritte Akteure wie den russischen Energiekonzern Rosneft und ausländische Reedereien.