Lateinamerika: Millionen Arbeitsplätze durch Entkarbonisierung?

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IDB-Studie: Erneuerbare Energien und nachhaltige Landwirtschaft haben enormes wirtschaftliches Potenzial in Lateinamerika
IDB-Studie: Erneuerbare Energien und nachhaltige Landwirtschaft haben enormes wirtschaftliches Potenzial in Lateinamerika

Lima. Laut einer Studie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der Interamerikanischen Entwicklungsbank (Banco Interamericano de Desarrollo, BID) könnte der Übergang zu einer CO2-neutralen Wirtschaft in Lateinamerika und der Karibik bis 2030 etwa 15 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.

Würde man die Stromproduktion auf Basis fossiler Brennstoffe einstellen und die Produktion von tierischen Produkten zurückfahren, gingen zwar etwa 7,5 Millionen Arbeitsplätze verloren. Dies würde laut der Ende Juli veröffentlichten Studie allerdings durch die Schaffung von 22,5 Millionen Arbeitsplätzen im Bereich erneuerbare Energien, Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln und anderen Sektoren wieder ausgeglichen. "Dekarbonisierung ist notwendig, machbar und bringt Vorteile. Wir müssen die Netto-Emissionen auf null senken. Das ist unter den aktuellen Umständen nicht einfach, aber es zeigen sich Fortschritte in vielen Ländern", so Graham Watkins, Experte in der Klimawandel-Abteilung der IDB.

Durch die Corona-Pandemie könne die Zahl der Arbeitslosen in der Region dieses Jahr auf 40 Millionen ansteigen. "Deswegen setzen wir darauf, die Wirtschaft nachhaltig und klimagerecht wiederaufzubauen" so der Regionaldirektor der ILO, Vinícius Pinheiro. "Entweder wir gewinnen auf beiden Seiten, beim Klimawandel und beim Arbeitsmarkt, oder wir verlieren bei beiden", fasste er zusammen.

Zwei Drittel der CO2-Emissionen der Region gehen auf die Nutzung von fossilen Brennstoffen zurück. Diese müssten durch kohlenstofffreie Quellen, also erneuerbare Energien, ersetzt werden, die "jetzt schon günstiger" seien, erklärte Watkins aus dem ILO-Regionalbüro in Lima. Außerdem sei eine Ernährungsumstellung hin zu mehr pflanzlichen Produkten notwendig, die ebenfalls preiswerter und auch gesünder seien. Der Konsum tierischer Produkte müsse reduziert werden, um die Entwaldung aufgrund der Umwandlung von Wäldern durch Weideflächen zu verringern. Ferner sei eine konsequente Aufforstung nötig.

Laut der Studie hat die Entkarbonisierung der Wirtschaft das Potenzial, bis 2030 um die 15 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze in nachhaltiger Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Sonnen- und Windenergie sowie in der Fertigungsindustrie und im Bausektor zu schaffen. Den Berechnungen der Organisationen zufolge wird die Umstellung zu einem Verlust von 60.000 Arbeitsplätzen in Kraftwerken, die fossile Brennstoffe verstromen, führen. Gleichzeitig werden 100.000 Stellen im Bereich erneuerbare Energien dazugewonnen. In der Viehzucht, Geflügelproduktion, in der Milchwirtschaft und in der Fischerei würden insgesamt 4,3 Millionen Arbeitsplätze wegfallen. Die Ernährungsumstellung kann bis 2030 um die 19,7 Millionen Vollzeit-Arbeitsplätze in der Pflanzenproduktion schaffen.