UN-Sonderberichterstatter fordert Stopp des Bergbaus von Cerrejón in Kolumbien

"Tödliche Bedrohung" für Indigene während Corona-Pandemie. Abbau nahe Schutzgebiet soll eingestellt werden, bis er sicher stattfinden kann

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Auch Deutschland importiert Kohle von Cerrejòn
Auch Deutschland importiert Kohle von Cerrejòn

Genf. Cerrejón muss einen Teil des Betriebes suspendieren, weil der Kohleabbau der Umwelt und der Gesundheit der indigenen Wayúu-Bevölkerung schweren Schaden zufüge und sie während der Covid-19 Pandemie noch verletzlicher mache. Dies fordert der Sonderberichterstatter für Umwelt und Menschenrechte, David Boyd.

El Cerrejón im Norden Kolumbiens ist der größte Steinkohletagebau Lateinamerikas und einer der größten weltweit.

"Ich rufe Kolumbien auf, die Weisungen des Verfassungsgerichts umzusetzen, um die verletzliche indigene Wayúu-Gemeinschaft des Schutzgebietes Provincial vor der Umweltverschmutzung der Mine El Cerrejón und vor Covid-19 zu schützen", sagte er am 25. September in Genf. "Zumindest während der Pandemie sollte der Betrieb der Abbaufront Tajo Patilla in der Nähe des indigenen Schutzgebietes Provincial unterbrochen werden, bis bewiesen ist, dass er sicher erfolgen kann".

Boyd hielt fest, dass verschmutzte Luft einzuatmen und keinen Zugang zu ausreichend sauberem Wasser zu haben das Risiko erhöhe, zu erkranken. Dies sei während der Corona-Pandemie eine tödliche Bedrohung: "Die Aussagen der Wissenschaft sind klar: Personen die in Gebieten leben, wo die Luftverschmutzung die höchsten Niveaus erreicht – wie beispielsweise im Umfeld der Kohlemine El Cerrejón – weisen ein wesentlich höheres Risiko auf, wegen Covid-19 verfrüht zu sterben".

Das Verfassungsgericht forderte im Dezember 2019 die Behörden sowie die Besitzer der Kohlemine El Cerrejón auf, die Luftqualität zu verbessern und die schädlichen Auswirkungen der Mine auf die Anwohner zu reduzieren. Trotzdem würden bis jetzt nur ungenügende Maßnahmen ergriffen. Das Gericht kam zum Schluss, dass die Mine die Gesundheit der Bewohner von Provincial durch die Verschmutzung der Luft, der Vegetation und des Wassers sowie durch den Lärm und die Sprengungen beeinträchtigt. Deshalb wandten sich im Juni 2020 mehrere Frauen der Wayuu-Gemeinschaft Provincial mit Hilfe des Anwaltkollektivs Cajar und der britischen Anwältin Mónica Feria-Tinta an verschiedene Instanzen der Vereinten Nationen, um auf ihre schwierige Situation und das Risiko für die Gesundheit aufmerksam zu machen, dem sie durch Covid-19 aufgrund der Luftverschmutzung und der Verletzung des Rechts auf Wasser ausgesetzt sind. Sie baten dringend darum, Cerrejón zu einer vorübergehenden Einstellung des Kohleabbaus aufzurufen.

Die Anwohner der Mine leiden nach eigenen Angaben an Kopfweh, Atemwegserkrankungen, Reizhusten, brennenden Augen und Beeinträchtigung des Sehvermögens wegen des rund um die Uhr stattfindenden Kohleabbaus. Der Abbau und Transport der Kohle verursache unter anderem lungengängigen Feinstaub PM2.5, der verschiedene Erkrankungen verursachen kann. PM2.5 wird erst seit 2018 gemessen, 35 Jahre nach dem Beginn des Kohleabbaus gemessen. Cerrejón habe auch das Wasser der Region verschmutzt und Fließgewässer umgeleitet und teilweise ausgetrocknet. Obwohl das Unternehmen den Gemeinschaften Trinkwasser liefere, hält Boyd fest, dass die Verschmutzung des Wassers die Wayúu ihrer primären Trinkwasserversorgung beraubte und sie nun von Wasserlieferungen abhängig seien, was ihr Risiko gegenüber Covid-19 erhöhe.

"Es ist absolut dringlich, dass Kolumbien die Rechte der indigenen Völker auf Leben, Gesundheit, Wasser, Hygiene und eine saubere Umwelt schützt und deshalb den Kohleabbau in der Nähe des indigenen Schutzgebietes Provincial stoppt, bis dieser sicher stattfinden kann. Zudem ermahne ich das Unternehmen, seine Anstrengungen zu erhöhen, um zu verhindern, dass Personen geschädigt werden und um zu garantieren, dass diejenigen, die schon geschädigt wurden, rasch Entschädigung bekommen“, schloss Boyd.

Der Aufruf Boyds wurde ebenfalls von Michael Fakrih, Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, von Tlaleng Mofokeng, Sonderberichterstatterin für das Recht auf Gesundheit, sowie Anita Ramasastry (Präsidentin), Dante Pesce (Vizepräsident), Surya Deva, Elżbieta Karska und Githu Muigai von der Arbeitsgruppe über Menschenrechte und transnationale Unternehmen, Olivier De Schutter, Sonderberichterstatter zu extremer Armut und Menschenrechten, Marcos A. Orellana, Sonderberichterstatter für den Umgang und die Beseitigung von giftigen Substanzen, und Francisco Cali Tzay, Sonderberichterstatter für die Rechte indigener Völker mitgetragen.

Cerrejón, ein Joint Venture aus Glencore (Schweiz), BHP (Australien-Großbritannien) und Anglo American (Großbritannien) reagierte am 28. September mit einem Kommuniqué: Man habe mit Sorge die Verlautbarungen zur Kenntnis genommen und sei zu einem konstruktiven Dialog mit den Sonderberichterstattern bereit. Cerrejón verpflichte sich dazu, den Minenbetrieb mit Respekt für die Umwelt und die Menschenrechte der Arbeiter und der umliegenden Gemeinschaften durchzuführen.