Großdemonstrationen in Argentinien stärken der Regierung den Rücken

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Die ausgelassene Stimmung erinnerte mehr an ein Volksfest als an die gewöhnliche politische Liturgie des Peronismus
Die ausgelassene Stimmung erinnerte mehr an ein Volksfest als an die gewöhnliche politische Liturgie des Peronismus

Buenos Aires. Hunderttausende Unterstützer der Regierung von Präsident Alberto Fernández sind am vergangenen Samstag landesweit auf die Straßen geströmt. Die Ausmaße der Demonstrationen überraschten sowohl Gegner als auch Anhänger der Regierung. Anlass war der 75. Gedenktag der Befreiung von Juan Domingo Perón aus der Haft am 17. Oktober 1945, die damals Resultat gigantischer Arbeiterproteste war.

Nach monatelangen coronabedingten Ausgangssperren wirkte die Demonstration, die vielmehr an eine Feier erinnerte, offenbar als ein Ventil und wurde als Zeichen des großen Rückhalts der Regierung gewertet. Die oppositionellen Demonstrationen der letzten Monate gegen die Regierung Fernández und ihre Corona-Politik, die anfangs noch einen regen Zulauf hatten, zuletzt jedoch sehr gering ausfielen, wurden am Samstag zahlenmäßig deutlich übertroffen. Trotz der schweren Krise, die das Land momentan durchläuft, war die Stimmung laut Beobachtern erstaunlich positiv.

Seit Wochen herrschte ein großer Druck der Basis auf die Regierung, diesen Tag trotz Pandemie zu feiern. Als Kompromiss wurden dann Autokorsos in den Städten genehmigt und eine Onlineplattform eingerichtet, über die man sich virtuell beteiligen hätte können.

Die Plattform 75octubres.ar. wurde jedoch bereits am Vormittag durch einen sogenannten DdoS-Angriff (Denial of Service) lahmgelegt. Daraufhin gingen viele Menschen spontan auf die Straße und schlossen sich den Fahrzeugkolonnen an. In Buenos Aires durchquerten stundenlang tausende Autos und Busse, geschmückt mit argentinischen Fahnen, peronistischen Symbolen und aufgemalten Sprüchen die Innenstadt. Die Gewerkschaft der Lastwagenfahrer organisierte eine große Lastwagenkolonne auf der Avenida 9 de Julio, die das Stadtzentrum teilt.

Auch in anderen Städten des Landes fanden ähnliche Veranstaltungen statt. Präsident Fernández hielt eine Ansprache in der Zentrale der größten Gewerkschaft des Landes, der CGT.

Der 17. Oktober, auch als "Tag der Treue" (Día de la Lealtad) bekannt, erinnert an die Freilassung von Perón im Jahr 1945, zehn Tagen nach seiner Verhaftung durch die Militärregierung von Edelmiro Farrels. Perón selbst hatte ihr als Staatssekretär für Arbeit, Kriegsminister und Vizepräsident angehört und war auf Grund seiner Reformen als Arbeitsminister sehr beliebt unter den Arbeitern.

Bei vielen seiner Regierungskollegen, die größtenteils aus dem Großgrundbesitzermilieu stammten, hatte er sich damit äußerst unbeliebt gemacht. Infolgedessen wurde er bei einer vom US-Botschafter Spruille Braden angeschobenen sogenannten "Kammerrevolution" gestürzt und inhaftiert.

Damals versammelte sich auf der Plaza de Mayo vor dem Präsidentenpalast eine aus den Vororten zusammengeströmte Menschenmenge, die Peróns Befreiung forderte. Die Massendemonstration wurde von den Gewerkschaften initiiert und über das Radio von der Schauspielerin Eva Duarte angefeuert. Die Regierung knickte ein und verhandelte mit Perón, der nicht nur seine Freilassung erreichte, sondern auch den Rücktritt der Regierung und die Vereinbarung zu Wahlen im Februar 1946. Wahlen aus denen er dann als Präsident hervorging.