Gesetzesentwurf liegt vor: Schwangerschaftsabbruch bald legal in Argentinien?

Präsident Fernández zuversichtlich, dass Gesetz angenommen wird. Vizepräsidentin Fernández de Kirchner mit entscheidender Rolle im Senat

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Kundgebung in Ushuaia am Mittwoch. Die massiven Mobilisierungen der Frauenbewegung seit Jahren haben das Gesetzgebungsverfahren in Gang gebracht
Kundgebung in Ushuaia am Mittwoch. Die massiven Mobilisierungen der Frauenbewegung seit Jahren haben das Gesetzgebungsverfahren in Gang gebracht

Buenos Aires. Die Legalisierung der Abtreibung in Argentinien rückt näher, nachdem Präsident Alberto Fernández in dieser Woche einen entsprechenden Gesetzesentwurf an den Kongress übergeben hat. Er hatte das Thema bereits zu einem zentralen Wahlkampfthema im vergangenen Jahr gemacht und den nun erarbeiteten Entwurf Anfang des Jahres angekündigt. Allerdings wurde die Diskussion im Parlament aufgrund der Corona-Pandemie zunächst verschoben. Zur Begründung sagte Fernández, dass im Moment die Debatte um die Pandemie auf der Tagesordnung stehen müsse (amerika21 berichtete).

Der Präsident zeigte sich guter Dinge, dass das nun ausgearbeitete Gesetz die "Voraussetzungen" habe, "zum Gesetz zu werden". In mehreren Städten begrüßten Frauen das in Aussicht stehende Gesetz am Mittwoch bei Kundgebungen und Demonstrationen.

Die Debatte um die Einführung eines Gesetzes zur freien, legalen und kostenfreien Abtreibung wird bereits seit mehreren Jahren heftig geführt. Zuletzt wurde dies 2018 im Kongress diskutiert, wo die Abgeordnetenkammer den Gesetzesentwurf mit knapper Mehrheit annahm, der Senat ihn jedoch ablehnte. In Argentinien muss sowohl die Abgeordnetenkammer als auch der Senat, die zusammen den Kongress bilden, einem Gesetz zustimmen, bevor es zur Unterzeichnung zum Präsidenten geht.

Der neue Entwurf zum "Freiwilligen Abbruch einer Schwangerschaft" ähnelt mit wenigen Änderungen dem von 2018. Dabei soll Frauen das Recht zugestanden werden, sich bis zur 14. Schwangerschaftswoche für einen Abbruch zu entscheiden. Danach soll dies nur erlaubt sein, wenn die Gesundheit oder das Leben der Schwangeren in Gefahr oder die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung ist. Dies sind aktuell die einzigen Gründe, bei denen ein Schwangerschaftsabbruch vollzogen werden darf. Außerdem soll dieses Recht nun innerhalb von zehn Tagen nach Beantragung des Abbruchs gewährleistet werden.

Ein unter den Befürwortern umstrittener Punkt ist die Möglichkeit für Gesundheitspersonal, aus persönlichen Gewissensgründen einen Abbruch zu verweigern. Jedoch soll dies nur unter der Voraussetzung geschehen, dass die Patientin von einem anderen Arzt behandelt werden kann. Es ist keine Regelung vorgesehen, die die Verweigerung durch eine gesamte Institution erlaubt. Darüber hinaus bleibt der Schwangerschaftsabbruch durch das Strafgesetzbuch geregelt.

Der Ausgang der Abstimmung im Kongress ist keinesfalls gewiss. Wie schon 2018 liegen die größten Hürden vor allem im Senat. Viele sprechen Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner dabei eine entscheidende Rolle zu. Als Vizepräsidentin steht sie auch automatisch dem Senat vor.

Während ihrer Amtszeit als Präsidentin war sie eine entschiedene Gegnerin einer Lockerung der Bestimmungen, änderte aber vor etwa zwei Jahren ihre Haltung. Sollte sie sich nun für den vorgebrachten Gesetzesentwurf im Senat einsetzen, könnte das der entscheidende Grund für ihr nahestehende Senatoren sein, dafür zu stimmen und somit eine Mehrheit zu erreichen.

Neben dem Projekt zur Abtreibung präsentierte Präsident Fernández außerdem den sogenannten "Plan der 1.000 Tage". Damit sollen Mütter in prekären Lebenssituationen bis zu drei Jahre nach der Geburt ihres Kindes begleitet werden. "Meine Überzeugung, die ich immer öffentlich zum Ausdruck gebracht habe, ist, dass der Staat alle schwangeren Frauen bei ihren Projekten zur Mutterschaft begleiten sollte. Aber ich bin auch davon überzeugt, dass es Aufgabe des Staates ist, sich um das Leben und die Gesundheit derer zu kümmern, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden", so der Präsident in einer Video-Botschaft über Twitter. Darin trägt er eine grüne Krawatte – zweifelsohne in Anspielung auf das grüne Tuch, das als Symbol der Bewegung für die Legalisierung von Abtreibung in Argentinien steht.