Brasilien: Internationaler Strafgerichtshof prüft Anzeige gegen Bolsonaro

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In Den Haag bald auf der Anklagebank? Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro
In Den Haag bald auf der Anklagebank? Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro

Den Haag/Brasília. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag hat eine Anzeige gegen Brasiliens Präsidenten Jair Bolsonaro wegen Menschenrechtsverbrechen gegen die indigene Bevölkerung zugelassen. Das Gericht prüft nun, ob ein Strafverfahren eröffnet wird. Bolsonaro wird die "Anstiftung zum Völkermord" sowie die "Förderung systematischer Angriffe gegen die indigenen Völker" vorgeworfen.

Das Gericht geht dabei der Anzeige nach, die das Kollektiv zur Verteidigung der Menschenrechte CADHu und die Menschenrechtsorganisation Kommission Arns im November vergangenen Jahres gegen das brasilianische Staatsoberhaupt gestellt hatten. Nach Auffassung der Anzeigesteller wolle Bolsonaro die Region des Amazonas unter dem Vorwand der Entwicklung zerstören. Zudem sei er verantwortlich für "ein unerträgliches Umfeld der Aufstachelung zu Gewalt und Konflikten auf dem Land", welche das Leben der indigenen Bevölkerung bedrohe. Die Organisationen verweisen dabei auch auf die verheerenden Brände im Amazonas-Regenwald, die von Bolsonaro kleingeredet und nicht bekämpft wurden.

Das Gericht will nun klären, "ob auf der Grundlage der verfügbaren Informationen die mutmaßlichen Verbrechen unter die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallen", so die Staatsanwältin in Den Haag, Fatou Bensouda.

Ein Strafverfahren gegen Bolsonaro wäre das erste gegen ein brasilianisches Staatsoberhaupt durch den Strafgerichtshof. "Der Massenmörder wird nicht straffrei bleiben", urteilte die Abgeordnete der Arbeiterpartei (PT), Érica Kokay. Vizepräsident Hamilton Mourão hatte die Anzeige gegen seinen Chef bereits letztes Jahr als "völligen Blödsinn" bezeichnet. "Die Regierung habe eine Verpflichtung gegenüber der Verfassung, nach der diese Bevölkerungsgruppen geschützt sind", so der Ex-General Mourão. Tatsächlich hat die Regierung etliche indigene Schutzgebiete zugunsten der Erzförderung aufgehoben und zur Invasion durch die Viehwirtschaft aufgerufen.

Derzeit ist eine weitere Anzeige vor dem Strafgerichtshof anhängig: Brasilianische Gewerkschaften werfen Bolsonaro Menschenrechtsverbrechen in der Corona-Pandemie vor. Er habe Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung in der Pandemie unterlassen und habe fehlinformiert. Damit sei er mitverantwortlich für den Tod von Zehntausenden Menschen.