Argentinien übernimmt Vorsitz des Mercosur

Argentinien möchte Bolivien in Wirtschaftsbündnis integrieren. Brasilien verdeutlicht Willen zur Kooperation, spricht sich jedoch für Maßnahmen gegen Venezuela aus

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Für sechs Monate übernimmt Argentinien den Vorsitz des Mercosur
Für sechs Monate übernimmt Argentinien den Vorsitz des Mercosur

Buenos Aires. In einem virtuellen Gipfeltreffen hat am vergangenen Mittwoch der argentinische Präsident Alberto Fernández offiziell den Vorsitz der Wirtschaftsgemeinschaft "Gemeinsamer Markt des Südens" (Mercado Común del Sur, Mercosur) für die nächsten sechs Monate übernommen. Argentinien nimmt sich vor, die Verhandlungen zu einem gemeinsamen Binnenmarkt zwischen den Mitgliedsländern wieder aufzunehmen, das seit Juni 2019 fällige Handelsabkommen mit der Europäischen Union zu vollziehen, Bolivien als vollständiges Mitglied in die Gemeinschaft aufzunehmen sowie spezifische Strukturen des Wirtschaftsblocks zu modernisieren.

Der argentinische Außenminister Felipe Solá schlug außerdem vor, ein Wirtschaftsforum wiederzubeleben und neue Wege zu finden, "dass innerhalb dieses Forums unsere Gewerkschaftsführer und unsere sozialen Bewegungen mit einbezogen werden könnten".

Zu den Beitrittsanstrengungen um Bolivien sagte Solá, dass die Aufnahme des Landes "ein spezieller Wunsch Argentiniens" sei, und er davon ausgehe, dass dieser von den übrigen Mitgliedsstaaten geteilt würde. Auch Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro bestätigte, dass sein Land an einer immer intensiveren regionalen Integration interessiert sei und sich "zur Modernisierung und Öffnung der Wirtschaft" bekenne.

Als Antwort auf Bolsonaros Aussage zur Wirtschaftsöffnung kann Präsident Fernández' Erklärung gedeutet werden, dass es "keine erfolgreiche regionale Integration mit einer gescheiterten sozialen Integration" und "keine robuste regionale Wirtschaft mit einer unterernährten inneren Wirtschaft" gebe.

Am Vortag des Gipfels zwischen den vollwertigen Mitgliedern des Mercosur und dessen Assoziativmitgliedern stand ein Konflikt zwischen Argentinien und Brasilien im Mittelpunkt. Dabei geht es um Strafmaßnahmen gegen Venezuela wegen der Parlamentswahlen vom 6. Dezember, die von den USA, deren Verbündeten in Lateinamerika und der EU nicht anerkannt werden.

Brasiliens Außenminister Ernesto Araújo sprach von "schädlichen Schatten der venezolanischen Diktatur" in der Region und bezeichnete die Regierung von Präsident Nicolás Maduros als "totalitär". Er fügte an, dass "Venezuela durch das diktatorische Regime in eine Plattform für das organisierte Verbrechen" verwandelt würde.

Im Gegensatz dazu erkennen Argentinien und Bolivien Maduro als offizielles Staatsoberhaupt an. Bolsonaro äußerte sich ebenfalls indirekt zu Venezuela und merkte an, dass der Mercosur "die Freiheiten der Region proaktiv verteidigen" müsse.

Der brasilianische Präsident schlug während des Gipfels allerdings auch versöhnliche Töne gegenüber Fernández an, mit dem er eine schwierige Beziehung führt: "Lassen Sie uns pragmatisch an die Überwindung unserer Differenzen herangehen", so Bolsonaro. Fernández könne "mit Brasilien rechnen, um den Dialog aufrechtzuerhalten" und den Mercosur zu einem Instrument für die Mitglieder zu machen, um ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erreichen.

Aussagen in Richtung einer positiven Entwicklung der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens mit der Europäischen Union sandte Araújo, indem er bestätigte, dass Brasilien seiner "Verpflichtung gegenüber der Umwelt und der nachhaltigen Entwicklung" nachkomme.

Der Außenminister Uruguays, Fernando Bustillo, dessen Land bis Mittwoch den Vorsitz im Mercosur innehatte, wies darauf hin, dass seine Regierung flexible Verhandlungen mit Drittländern in verschiedenen Geschwindigkeiten bevorzuge. So solle verhindert werden, dass der Mercosur "zum Hindernis für die Bedürfnisse und Interessen" der einzelnen Mitgliedsländer würde.

Paraguays Präsident Mario Abdo Benítez hingegen betonte die Notwendigkeit zur "Verbesserung der Infrastruktur der Länder des Blocks", vor allem im Bereich der Lebensmittelproduktion, "da diese für den Prozess der Erholung von der Covid-19-Krise sehr gefragt" sein wird.