Kolumbien: Streik bei Cerrejón nach 91 Tagen beigelegt, Zukunft der Mine ungewiss

Gewerkschaft konnte die bisherigen Vorteile des Gesamtarbeitsvertrags halten. Steigen bis 2023 alle bisherigen Shareholder von Cerrejón aus?

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Sintracarbón konnte verhindern, dass historische Errungenschaften der Gewerkschaft abgeschafft werden
Sintracarbón konnte verhindern, dass historische Errungenschaften der Gewerkschaft abgeschafft werden

Maicao, La Guajira. Der längste Streik in der Geschichte des Steinkohlebergwerks Cerrejón ist zu Ende. Die Gewerkschaft Sintracarbón (Sindicato Nacional de trabajadores de la Industria del Carbon) und Cerrejón haben nach 91 Tagen Streik einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterzeichnet. Die Zukunft des größten Steinkohletagebaus Lateinamerikas ist indes ungewiss.

Cerrejón und die drei Mutterkonzerne Glencore, BHP und Anglo American wollten viele historische Errungenschaften der Gewerkschaft aus dem GAV streichen. Dank dem entschlossenen Widerstand und internationaler Unterstützung ist es Sintracarbón gelungen, die bisherigen Vorteile zu halten.

Der neue GAV hat eine Gültigkeitsdauer von gut drei Jahren. Die wichtigsten Punkte sind: 100 temporäre Stellen werden in unbefristete umgewandelt, es gibt Lohnerhöhungen gemäß dem Konsumentenpreisindex und 700 neue Darlehen zum Kauf von Wohnraum, die Reisespesen, Schulstipendien etc. werden ebenfalls dem Preisindex angepasst und es gibt weiterhin tägliche Transporte in die ganze Guajira, nach Valledupar und Barranquilla.

Nach 60 Tage Verhandlungen gab es Treffen unter Vermittlung der Einigungskommission über Arbeits- und Lohnpolitik und dem Büro des Ombudsmannes. Kurz bevor ein Schiedsgericht hätte einberufen werden müssen, einigten sich die Parteien darauf, nochmals direkt zu verhandeln. Nach sechs weiteren Verhandlungstagen unterzeichneten sie am 30. November den neuen GAV.

Zusätzlich wurde vereinbart, bis zum 30. Dezember weitere umstrittene Themen zu diskutieren, etwa den Vorschlag des Unternehmens, dass Arbeiter sieben Tage arbeiten, drei Tage frei haben, danach sieben Tage arbeiten und vier Tage frei haben sollen. Dies lehnt die Gewerkschaft als "Todessschichten" ab. Die Minenarbeiter müssten mehr Tage im Monat in einer Zwölfstundenschicht arbeiten (insgesamt 72 Arbeitstage mehr pro Jahr). Dadurch würden 1.250 Stellen eliminiert und die Gesundheit der Arbeiter wäre gefährdet.

Sintracarbón wird in den Verhandlungen rechtliche Gründe, Berufsrisiken und Risiken für die körperliche und mentale Gesundheit sowie das Recht auf ein würdiges Leben und auf Familienleben gegen den neuen Schichtplan ins Feld führen. Die Probleme bei der Vermarktung der Kohle und der Rentabilität des Unternehmens könnten nicht einseitig mit Opfern der Arbeiter gelöst werden. Mit der neuen Schicht würden sie deutlich mehr als die gesetzliche Maximalarbeitszeit arbeiten.

Cerrejón und die Mutterkonzerne wollten wesentliche Elemente des bisherigen GAV streichen, betonten aber trotzdem, wie viele Vorteile die Arbeiter weiterhin hätten und wie viel diese verdienen würden. Ebenso betonte Cerrejón stets, wie einschneidend der Streik sich auf die Wirtschaft des Departamentos Guajira und auf die Entwicklung der Gemeinschaften auswirken würde. Alle müssten "Hand in Hand für das Unternehmen und das Wohlergehen der Guajira arbeiten". Unablässig verwies es auf die schwierige Lage durch die Covid-19-Pandemie und den eingebrochenen Kohlepreise.

Tatsächlich ist der wichtigste Markt für kolumbianische Kohle, Europa und allen voran Deutschland, am Wegbrechen. Es wird immer weniger Kohle gebraucht und die kolumbianische wurde zusehends durch russische verdrängt.

Mark Cutifani, CEO von Anglo American, erklärte am 11. Dezember 2020, das Unternehmen wolle die Anteile an Cerrejón in den nächsten eineinhalb bis zwei Jahren verkaufen. BHP Bilinton hatte dies schon früher angekündigt.

Unklar war bisher noch, was die Pläne von Glencore sind. Der CEO der weltweit größten im Rohstoffhandel tätige Unternehmensgruppe, Ivan Glasenberg, sagte unlängst, Kohle werde noch länger Teil der Energiematrix sein und Glencore betreibe die bestehenden Minen weiter. Es wurde auch spekuliert, dass Glencore die Anteile von Anglo American und BHP an Cerrejón übernehmen könnte.

Der Druck von Investoren wie Fonds sowie von Umweltschützern steigt jedoch auch auf Glencore. Verschiedene europäische Fonds hatten Glencore Anfang 2020 empfohlen, aus Cerrejón auszusteigen.

Kolumbianische Medien berichteten nun, dass alle drei Shareholder bis 2023 aus Cerrejón aussteigen würden. Konkrete Ankündigungen von Glencore fehlen zwar immer noch, die Medien zitieren indes eine Mitteilung vom dritten Quartal 2019, wonach das Unternehmen die Kohleproduktion zurückfahren und mehr auf Metalle für die Elektrifizierung setzen wolle. Was der Ausstieg der drei Shareholder für das Weiterbestehen von Cerrejón bedeutet, ist noch völlig offen. Am wahrscheinlichsten ist, dass ein Käufer aus Asien, eventuell aus China, die Mine übernimmt.