"Es ist Gesetz": Schwangerschaftsabbruch in Argentinien legal

Nach jahrzehntelangem Kampf der Frauenbewegung stimmt der Senat für Legalisierung der Abtreibung bis zur 14. Schwangerschaftswoche

Buenos Aires. Der argentinische Senat hat am gestrigen Mittwoch um 4:12 Uhr Ortszeit in einer historischen Abstimmung den Gesetzentwurf für einen freiwilligen Schwangerschaftsabbruch angenommen. Mit 38 Stimmen dafür, 29 dagegen und einer Enthaltung macht das Oberhaus des Parlaments den Weg frei für die Legalisierung der Abtreibung, nachdem das Abgeordnetenhaus bereits am 11. Dezember seine Zustimmung gab.

Das neue Gesetz ermöglicht Frauen, sich bis zur 14. Schwangerschaftswoche ohne Angabe von Gründen für einen Abbruch zu entscheiden. Die Durchführung ist kostenfrei und muss ihnen innerhalb von zehn Tagen nach dem schriftlichen Antrag gewährleistet werden.

Damit stellt sich Argentinien zu den wenigen lateinamerikanischen Ländern, wo Abtreibungen entkriminalisiert sind – Kuba, Uruguay, Guyana und französisch Guayana sowie zwei mexikanische Bundesstaaten. In manchen Staaten drohen sogar mehrjährige Gefängnisstrafen, wie in El Salvador und Honduras. In vielen Ländern ist ein Abbruch nur in Ausnahmefällen möglich, etwa wenn das Leben der Mutter in Gefahr oder die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung ist. So bisher auch in Argentinien.

Bereits 2018 kam ein ähnlicher Gesetzentwurf durch das Abgeordnetenhaus, wurde jedoch im Senat gestoppt.

Auch dieses Jahr war der Ausgang der Debatte zu Beginn noch unklar. Eine Handvoll Senator:innen legte sich in den Tagen zuvor auf keine eindeutige Position fest, allerdings zeichnete sich im Laufe des Abends eine klare Mehrheit für den Gesetzentwurf ab.

Gegner:innen deklarierten den Entwurf unter anderem als verfassungswidrig oder argumentierten mit religiösen Standpunkten. "Die Augen Gottes schauen auf jedes Herz an diesem Ort“, so María Belén Tapia, Senatorin aus Santa Cruz, "Segen, wenn wir das Leben wertschätzen, Fluch, wenn wir uns entscheiden, Unschuldige zu töten. Das sage nicht ich, es steht in der Bibel, auf die ich geschworen habe."

"Am einfachsten ist es wegzuschauen. Aber Abtreibungen gibt es, gab es und wird es auch weiterhin geben. Wir Frauen lassen abtreiben. Und manche haben das Glück, für einen sicheren Platz bezahlen zu können und nicht bestraft zu werden. Andere geben ihr Leben, weil sie es vorziehen, statt ihr Projekt aufzugeben“, erinnerte Anabel Ferández Sagasti, Senatorin aus der Provinz Mendoza und Befürworterin des Gesetzes.

Vor dem Kongressgebäude und an verschiedenen Orten des Landes versammelten sich große Menschenmengen und folgten damit dem Aufruf der Bewegung "Nationale Kampagne für das Recht auf eine sichere, legale und kostenfreie Abtreibung". Sie begleiteten mit Sprechchören, Musik und zahlreichen Reden die Debatte im Senat. Die "grüne Welle" brach in Jubel aus, als das Ergebnis bekannt wurde.

Auch Gegner:innen des Gesetzes zeigten Präsenz: Im "hellblauen" Sektor sah man simulierte Gräber, Bilder der Jungfrau Maria oder ein riesiges, mit roten Flecken besprenkeltes Baby. Priester feierten Messen an improvisierten Altären, während später am Abend der Herzschlag eines ungeborenen Kindes in der "Ultraschall-Show" zu hören war.

In der selben Nacht verabschiedete der Senat außerdem einstimmig den sogenannten "Plan der 1.000 Tage". Er soll den "Schutz in besonderen Situationen der Gefährdung" von Schwangeren und Müttern in den ersten drei Jahren nach der Geburt gewährleisten. Dies gilt etwa für schwangere Mädchen und Jugendliche, Frauen mit Risikoschwangerschaften oder Opfern von sexueller Gewalt. Sie sollen unter anderem spezifische Güter wie Medikamente oder Milch sowie umfassende gesundheitliche Betreuung erhalten.