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Zweite Covid-Welle in Peru: Medizinisches Personal fühlt sich im Stich gelassen

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Das peruanisches Medizinpersonal arbeitet am Limit. Viele Gesundheitsarbeiter:innen sind bereits am Coronavirus verstorben
Das peruanisches Medizinpersonal arbeitet am Limit. Viele Gesundheitsarbeiter:innen sind bereits am Coronavirus verstorben

Lima. In einer gemeinsamen Erklärung haben vier Gewerkschaftsverbände am Sonntag den Rücktritt der Gesundheitsministerin Pilar Mazzetti gefordert, der sie ein Versagen angesichts des erneuten Anstiegs an Covid-19-Fallzahlen vorwerfen. Seit vergangener Woche befinden sich an mehreren Orten im Land Arbeiter:innen des öffentlichen Gesundheitssektors im Streik. Sie verlangen ein Ende der prekären Lage im staatlichen Gesundheitssystems.

"Wir hinterfragen das Verbleiben der Gesundheitsministerin in ihrem Amt, die offensichtlich unfähig und unverantwortlich in ihrem Umgang mit der Covid-19-Pandemie ist", so das Schreiben.

In der Kritik stehen des Weiteren die geringen Löhne und die Nichterfüllung von Vereinbarungen zwischen Regierung und Gewerkschaften aus den Jahren 2015 und 2017. Damals war eine kontinuierliche Erhöhung der Gehälter des staatlichen Gesundheitspersonals beschlossen worden sowie eine Aufstockung des öffentlichen Gesundheitsbudgets, das zu einem der niedrigsten in Südamerika zählt.

Die Lohnerhöhungen für 2020 waren ausgeblieben und sind auch im Haushalt für 2021 nicht vorgesehen. Das Ziel eines Gesundheitsbudgets von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes wurde ebenso wenig erreicht.

Die Ministerin lehnte die Forderung nach ihrem Rücktritt ab. Dabei betonte sie, dass die geplanten Gehaltserhöhungen ökonomisch "nicht nachhaltig" seien.

Der in einigen Regionen anhaltende Streik findet koordiniert statt, um die Funktion der Krankenhäuser nicht einzuschränken. Dementsprechend unbemerkt bleibt der Streik in der peruanischen Öffentlichkeit. "Wir hoffen, dass die nationale Regierung in Kürze unseren Forderungen nachkommen wird, denn aktuell erleben wir mit dem Anstieg der zweiten Welle der Coronavirus-Pandemie sehr schwierige Momente", erklärte Rodolfo Larota Calloquispe, Präsident der Medizingewerkschaft in Cusco.

Landesweit gelangen Krankenhäuser momentan an ihre Kapazitätsgrenzen. Mindestens 90 Prozent aller Intensivbetten seien belegt, in vielen Regionen ist bereits jetzt das Limit erreicht. Auch mangelt es an geschultem Intensivpersonal. "Es gibt keine Spezialisten mehr", warnte Jesús Valverde, Präsident der peruanischen Gesellschaft für Intensivmedizin.

Trotz der Lage bleiben weiterhin fast alle ökonomischen und kulturellen Aktivitäten – mit Einschränkungen – erlaubt. Vergangene Woche hatte die Regierung ein Maßnahmenpaket beschlossen, dass je nach lokalem Inzidenzwert unterschiedlich strenge Reaktionen vorsieht. Nur im Extremfall soll es erneut zu lokalen Lockdowns kommen, deren Effektivität im Kontext der vielerorts informellen Strukturen in Peru allgemein bezweifelt wird.

Vergangen Juni war der Höhepunkt der ersten Welle erreicht und man verzeichnete in diesem Monat die meisten Todesfälle, obwohl sich das Land in einem dreimonatigen Lockdown befunden hatte. Danach waren trotz Lockerungen die Fallzahlen gesunken. Die Annahme wurde vertreten, dass bereits ein gewisses Maß an Herdenimmunität in der Bevölkerung bestehe. Studien im Oktober ergaben, dass 35 Prozent der Peruaner:innen über Antikörper verfügten.

Die Fallzahlen stiegen nun wieder im Zuge der Weihnachtsfeiertage, an denen sich viele Menschen im Privaten trafen oder verreisten. In den ersten Wochen des neuen Jahres sind bereits zehn Ärzt:innen an Covid-19 verstorben. Seit Ankunft der Pandemie in Peru sind es insgesamt bereits 266.