Brasilia et al. Angesichts der Verschärfung der Corona-Krise und der Schwierigkeit der Regierung, eine breit angelegte Impfkampagne zu organisieren, haben linke und rechte Bewegungen in mehreren Städten des Landes zu Autokorsos mit einer gemeinsamen Agenda aufgerufen. Als Ziel wird formuliert, Druck auf das Parlament auszuüben, um ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Jair Bolsonaro einzuleiten.
Die Form von Autokorsos haben die Initiatoren gewählt, um das Risiko einer Ansteckung mit Covid-19 während der Proteste zu verringern. Landesweit wurden in den sozialen Medien die Proteste angekündigt: "Kein Sauerstoff, kein Impfstoff, keine Regierung. Panelaço ... #BrasilSufocado." Panelaço ist eine Form des Protests, bei der Töpfe, Pfannen und andere Küchenutensilien verwendet werden, um mit Lärm Aufmerksamkeit zu erregen. Auch diese Protestform, zu dem das Haus nicht verlassen werden muss, nimmt Rücksicht auf die Hygieneempfehlungen in der Pandemie.
Linke Organisationen, Gewerkschaften und Volksbewegungen, die sich im "Frente Povo Sem Medo" (Front des furchtlosen Volkes) zusammengeschlossen haben, rufen auf, sich auf den Straßen brasilianischer Städte zu versammeln.
Gruppen wie die Bewegung Freies Brasilien (MBL) und "Vem Pra Rua" (Komm auf die Strasse) haben zu Aktionen im ganzen Land aufgerufen.
Adelaide Oliveira, Sprecherin der MBL, hält es für möglich, dass in Zukunft weiterhin Gruppen mit unterschiedlichem ideologischen Zuschnitt gemeinsam gegen Bolsonaro auf die Straße gehen werden.
Im Gespräch mit Anführern der verschiedenen Bewegungen fand BBC News Brasil als gemeinsame Motivation die Empörung über das Fehlen einer breiten Impfkampagne. Die aktuelle Situation in Manaus und anderen Städten im Norden des Landes, in denen Sauerstoff fehlte, um Covid-19-Patienten zu behandeln und bereits zu Dutzenden von erstickten Menschen führte, hat die Proteste zusätzlich angeregt.
Sie schätzen unsere Berichterstattung?
Dann spenden Sie für amerika21 und unterstützen unsere aktuellen Beiträge über das Geschehen in Lateinamerika und der Karibik. Damit alle Inhalte von amerika21.de weiterhin für Alle kostenlos verfügbar sind.
Während die Gesundheitssysteme an ihre Grenzen stoßen, hat die Regierung Bolsonaro es versäumt, mit der Impfung zu beginnen. Bolsonaro fällt statt dessen mit verächtlichen Äußerungen über den chinesischen Impfstoff auf, den er "vielleicht seinem Hund verabreichen würde".
Manaus, die Hauptstadt des Amazonasgebiets, erlebt gegenwärtig ein wahres Schreckensszenario in den Krankenhäusern. Gleichwohl behauptete der Präsident, dass sein Gesundheitsminister Eduardo Pazuello "hervorragende Arbeit geleistet hat" und dass niemand die Krise besser bewältigen würde als die derzeitige Regierung.
Die Amtsenthebungsanträge, die in der Abgeordnetenkammer gegen ihn eingereicht wurden, spielt Bolsonaro herunter. In einem Interview mit TV Bandeirantes räumte er ein, dass sich Manaus in einer kritischen Situation befinde. Jedoch: "Nur Gott wird mich aus dem Amt holen, es gibt nichts Konkretes gegen mich, sie erfinden Fake News, um mich rauszuholen", sagte Bolsonaro gegenüber dem TV Sender. Er verfügt noch über eine breite parlamentarische Basis, die ein Amtsenthebungsverfahren verhindern kann.
Einen Entscheid des Obersten Gerichtshofs behandelte der Präsident als Affront. Das Gericht entschied, dass die Bundesstaaten und Gemeinden in der Lage sein sollten, Vorschriften und Bestimmungen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zu erlassen. Dies solle die Bundesregierung jedoch nicht daran hindern, ihre Funktion zur Eindämmung der Auswirkungen der Pandemie ihrerseits zu erfüllen.
Indes genehmigte die Nationale Gesundheitsaufsichtsbehörde (Anvisa) vor einer Woche die Notfallverwendung von zwei Impfstoffen: Astrazeneca/Oxford und Coronavac. Letzterer wurde von dem chinesischen Pharmaunternehmen Sinovac in Zusammenarbeit mit dem Instituto Butantan, einer Behörde des Bundesstaates São Paulo, entwickelt. Die Regierung, so die Kritik, habe nur zögerlich nach weiteren Anbietern gesucht, deren Impfstoffe bereits in Dutzenden von Ländern eingesetzt werden.