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Evo Morales: Europäische Resolution zu Bolivien zeigt Geist des Kolonialismus

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Evo Morales prangert "koloniale und demütigende" Resolution 2021/2646 des Europaparlaments an
Evo Morales prangert "koloniale und demütigende" Resolution 2021/2646 des Europaparlaments an

Cochabamba. Der ehemalige Präsident von Bolivien, Evo Morales, hat einen offenen Brief an das "alte Europa" verfasst und prangert darin eine "koloniale und demütigende" Resolution des Europäischen Parlaments (EP) an.

Das EP hatte mit seiner Entschließung 2021/2646 vom 28. Februar von der neu gewählten Regierung Boliviens gefordert, dass die rechtliche Aufarbeitung der Regierungszeit von "Interimspräsidentin" Jeanine Áñez nach dem 20. Oktober 2019 "im Rahmen einer transparenten Justiz und ohne politischen Druck" stattfinden müsse.

"Mehr als fünf Jahrhunderte sind seit der Kolonialisierung vergangen und es scheint immer noch, als wäre sie gestern gewesen", leitet Morales sein Schreiben ein. Im 21. Jahrhundert müsse man eine Resolution des EP zur Kenntnis nehmen, die zeige "dass einige Sektoren Europas immer noch ihren kolonialen und demütigenden Blick auf die freien Völker Lateinamerikas und der Karibik beibehalten".

Das EP räumt in seiner Entschließung, die sich "der Festnahme der ehemaligen Präsidentin Jeanine Áñez und anderer Amtsträger" widmet, in zum Teil widersprüchlichen Formulierungen ein, "dass in Bolivien nach den Wahlen vom 20. Oktober 2019 ein abrupter Machtwechsel stattfand, der rechtlich nicht abgesichert war und bei dem Armee und Polizeikräfte eine zentrale Rolle spielten". Dadurch habe es einen "abrupten Bruch der verfassungsmäßigen Kontinuität" gegeben.

Zudem verweist die Resolution auf den Bericht des Center for Economic and Policy Research (CEPR) über die Wahlen von 2019 in Bolivien, wonach die Betrugsvorwürfe, die den Putschisten als Begründung dienten, "nicht nur weit hergeholt, sondern offensichtlich erfunden waren".

Aus Sicht des souveränen Staates Bolivien maßt das EP sich jedoch auch eine Aufsicht über das Funktionieren der Institutionen des Andenlandes an, die Regierungsstellen folglich bereits als Einmischung in innere Angelegenheiten zurüchgewiesen hatten. Zuletzt veröffentlichte der Senat eine "starke und kategorische Ablehnung" zur EP-Resolution, in der die zweite Kammer des Parlaments diese als "interventionistisch und einmischend" verurteilt und die Europäische Union auffordert, die Rolle einiger ihrer politischen und diplomatischen Vertreter in Bolivien bei der Entstehung der sozialen Unruhen im Jahr 2019, "die einen Staatsstreich im Land ermöglichten", zu untersuchen und zu bewerten.

Damit steht auch eine weitere Aussage der EP-Resolution infrage: "In der Erwägung, dass die EU in den Jahren 2019 und 2020 eine wichtige Rolle als Vermittlerin bei der Befriedung und bei der Unterstützung fairer Wahlen gespielt hat", könnte sich als bloße Selbstdarstellung erweisen.

Senatspräsident Andrónico Rodríguez hatte bereits eine europäische "Komplizenschaft" bei dem Staatstreich von 2019 angedeutet. Auch nach Auffassung des Ex-Präsidentenen Morales und seines ehemaligen Ministers Juan Rámon Quintana war die Europäische Union nicht unbeteiligt an dem Putsch. So soll sie die De-facto-Regierung von Áñez finanziell unterstützt haben. Die EU sei dabei vor allem aufgrund ihres Interesses an den Rohstoffen in die Geschehnisse involviert.

Mitte März kamen Recherchen an die Öffentlichkeit, wonach Großbritannien, das seit Januar 2020 nicht mehr der EU angehört, verschiedene Akteure einsetzte, um "das ideale Szenario für den Putsch zu schaffen". Das Ziel sei gewesen, sich bei der Lithiumgewinnung in Bolivien in eine stärkere Position zu bringen.