Argentinien / Wirtschaft

Regierung in Argentinien setzt Fleischexporte für 30 Tage aus

Ursache des Stopps liegt im hohen Anstieg der Verbraucherpreise und der Inflation. Hohe Fleischpreise sorgen trotz Rückgang des Konsums für Unmut

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Kurzzeitig ziehen dunkle Wolken über der Exportbranche für Rindfleisch in Argentinien auf
Kurzzeitig ziehen dunkle Wolken über der Exportbranche für Rindfleisch in Argentinien auf

Buenos Aires. Argentinien exportiert von gestern an für 30 Tage kein Rindfleisch mehr. Zu diesem Schritt hatte sich die Regierung von Präsident Alberto Fernández in dieser Woche entschieden. Der Grund ist die hohe Steigerung bei den Verbraucherpreisen im Land, die zu einem starken Rückgang des Konsums und zur Anheizung der Inflation beigetragen haben. Sie lag mit fast 100 Prozent innerhalb eines Jahres weit über dem Wert anderer Lebensmittel, ohne dass es dazu eine Ursache in entsprechend gestiegenen Kosten für Futter- oder Treibstoff gegeben hätte.

Der traditionell hohe Fleischkonsum der Argentinier ist in den letzten Jahren zwar stark gefallen, jedoch ist Rindfleisch weiterhin eine wichtige Komponente in der Ernährung der Bevölkerung. Die hohen Preise führten demnach zu starkem Unmut.

Die Hauptursache für die Preissteigerungen ist vielmehr der deutliche höhere Anteil an der Produktion, der ins Ausland verkauft wird. Nach dem Amtsantritt von Ex-Präsident Mauricio Macri Ende 2015 wurden die Exportzölle für Rinderfleisch von 15 auf neun Prozent gesenkt. Der Export stieg in den letzten vier Jahren von neun auf 30 Prozent der Produktion, ohne dass es jedoch eine entsprechende Erhöhung der Anzahl der Tiere gegeben hätte. Der größte Anstieg erfolgte indes ab 2019 mit einem Handelsabkommen mit der Volksrepublik China, die rund 75 Prozent des Exports aufkauft.

Neben der Preiskonkurrenz zwischen den Exportpreisen in US-Dollar und den Preisen des heimischen Marktes in Pesos wurden von Regierungskontrolleuren jedoch auch illegale Machenschaften aufgedeckt. So wurden auf dem Zentralmarkt in Liniers in der Hauptstadt Buenos Aires Rinder für den Export aufgekauft, die eigentlich für den lokalen Markt deklariert waren. Dies führte zu einer zusätzlichen Preisverzerrung. Für diesen Export sollen keine Exportzölle entrichtet und die Devisen nicht ordentlich abgerechnet worden sein.

Die Agrarverbände haben bereits ihre Zurückweisung der Maßnahme erklärt, wobei man in der Vorgehensweise noch uneins ist. Der „Mesa de enlace“, ein Koordinierungskomitee, hat erklärt, den Handel für acht Tage einstellen zu wollen, und zu einen Agrarstreik aufgerufen. Andere Sektoren wollen mit der Regierung verhandeln und eine gemeinsame Lösung finden.

Der Minister für Produktion und Entwicklung, Matias Kulfas, kündigte an, dass man die Maßnahme auch früher aufheben könne, wenn man einen Ausweg finde. Das Ziel seines Ministeriums sei es, die Produktion zu steigern, sodass ein höherer Export nicht zu Engpässen im Land führen muss. Präsident Fernandez erwähnte in einem Radiointerview, dass es verschiedenen Möglichkeiten gebe. Eine Erhöhung der Ausfuhrzölle zurück auf 15 Prozent sei möglich, aber vermutlich nicht effektiv genug. Die Einführung von Ausfuhrkontingenten und eine klare Trennung zwischen Binnenmarkt und Außenhandel sei wohl zielführender.

Gegenüber Stimmen, die eine Katastrophe für die Rinderzucht voraussagen, äußerte der Vorsitzende des Verbands der Fleischereien, dass unter der neoliberalen Regierung von Carlos Menem in den 1990er Jahren die Ausfuhr für fast zehn Jahre gestoppt war, ohne dass dieses zu einem Zusammenbruch der Branche geführt hätte. In der Tat ist die Anzahl der Rinder im Land seit Jahrzehnten relativ stabil geblieben, wenn es auch zeitweilige Spitzen und Rückgänge gab: 1952 betrug sie ca. 45 Millionen Rinder, heute sind es ca. 55 Millionen, während sich die argentinische Bevölkerung in diesem Zeitraum verdoppelt hat. Die bestellten Agrarflächen sind in diesem Zeitraum zwar gewachsen, der größte Teil davon ging jedoch an die Produktion von Soja, während die zur Rinderzucht verwendeten etwas zurückgingen.

Der damalige Präsident Nestor Kirchner hatte 2006 eine ähnliche Maßnahme für sechs Monate eingeführt, ebenfalls mit dem Zweck, die Entwicklung der Preise einzudämmen. Vertreter der Landwirtschaft führen an, dass dies zu einem Rückgang in der Rinderzucht geführt habe. Der Fleischverbrauch im Land blieb jedoch bis 2015 bei durchschnittlich 59 Kilogramm pro Person und Jahr konstant, während er während der Regierungszeit Macris auf 43 Kilogramm zurückging.