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UN-Experten: Krebspatienten in Venezuela durch US-Sanktionen in Lebensgefahr

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Protest in Venezuela: "Die Sanktionen sind ein Verbrechen"
Protest in Venezuela: "Die Sanktionen sind ein Verbrechen"

Genf. Sechs unabhängige Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen haben davor gewarnt, dass das Leben Hunderter venezolanischer Krebspatienten wegen einer "übermäßig strengen Anwendung" der US-Sanktionen bedroht ist.

In ihrer Pressemitteilung stellt die Gruppe fest, dass Krebskranke aus Venezuela "in den Ländern, in denen sie sich behandeln ließen, gestrandet und verarmt sind", weil das Geld nicht aus Venezuela heraus überwiesen werden kann. Ursache dafür seien die einseitigen Zwangsmaßnahmen der USA und deren strikte Anwendung: "Drittländer, Ländergruppen, Banken und Privatunternehmen sind im Umgang mit Venezuela übermäßig vorsichtig, weil sie befürchten, unbeabsichtigt gegen die US-Sanktionen zu verstoßen".  Sie fordert daher alle Staaten, Banken und Privatunternehmen auf, "die volle Verantwortung für die Auswirkungen ihres Handelns auf Einzelpersonen zu übernehmen und Sanktionen, Null-Risiko- und Übererfüllungspolitik, die grundlegende Menschenrechte beeinträchtigen, zurückzunehmen".

Zu der UN-Gruppe gehören Alena Douhan, Nils Melzer, Saad Alfarargi, Tlaleng Mofokeng, Obiora Okafor und Livingstone Sewanyana.

Konkret macht sie auf den Fall der Simón-Bolívar-Stiftung aufmerksam, dem gemeinnützigen Zweig der US-Tochterfirma Citgo des staatlichen Erdölunternehmens PDVSA. Das Programm wurde 2006 vom damaligen Präsidenten Hugo Chávez ins Leben gerufen, um Krebspatienten, insbesondere Kindern mit Leukämie, zu helfen, Transplantationen und andere Behandlungen im Ausland zu erhalten. Hunderte dieser Patienten waren früher in ein nationales Transplantationsprogramm der Regierung Venezuelas eingebunden, so die unabhängigen UN-Experten, aber ihre Behandlung wurde eingestellt, "als die USA der Regierung die weitere Kontrolle über Citgo verweigerten". Seitdem seien 14 Kinder, darunter drei Kleinkinder, die im Rahmen des Simón Bolívar-Programms behandelt worden waren, gestorben.

Washington verhängte im August 2017 finanzielle Sanktionen gegen die Ölgesellschaft PDVSA, im Januar 2019 ein Ölembargo und im August 2019 ein generelles Verbot aller Geschäfte mit Caracas. Im Jahr 2020 folgten sekundäre Sanktionen und eine Reihe weiterer Strafmaßnahmen. Das US-Finanzministerium hat zudem eine Vielzahl venezolanischer Vermögenswerte im Ausland blockiert oder beschlagnahmt, darunter auch Citgo, das später unter die Kontrolle des von den USA unterstützten Oppositionellen Juan Guaidó gestellt wurde.

Nach der Citgo-Beschlagnahmung in den USA kam es zu mehreren Korruptionsskandalen bei Guaidós Citgo-Leitung. Regelmäßig sollen Zahlungen der Simón-Bolívar-Stiftung an vier große Oppositionsparteien gegangen sowie weitere Gelder veruntreut worden sein. Guaidó habe die Stiftung "in eine Portokasse" verwandelt, "um Dollars zu waschen und Kriegsaktionen gegen Venezuela zu finanzieren", so ein weiterer Vorwurf.

Ein Bericht des in Washington ansässigen Center for Economic and Policy Research vom April 2019 zeigte bereits die Folgen der US-Sanktionen für Venezolaner auf, die an chronischen Krankheiten leiden: Mehr als 300.000 Menschen seien gefährdet, weil sie keinen Zugang zu Medikamenten oder Behandlungen haben, darunter 16.000 onkologische Patienten.

Washingtons Sanktionen wurden mehrfach als "kollektive Bestrafung" der Zivilbevölkerung bezeichnet und von einer Vielzahl multilateraler Organisationen und internationaler Akteure verurteilt. Der UN-Menschenrechtsrat verabschiedete im März eine Resolution, in der alle Staaten aufgefordert wurden, einseitige Zwangsmaßnahmen zu beenden.