Peru / Politik

Neue Linksregierung in Peru: Zusammensetzung des Kabinetts löst Kritik aus

Ministerpräsident Bellido umstrittendste Personalie. Kongress droht mit Misstrauensvotum. Hoffnungsträger Francke wird Wirtschaftsminister

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Das Kabinett der Regierung Pedro Castillo
Das Kabinett der Regierung Pedro Castillo

Lima. Die Ministerinnen und Minister in Pedro Castillos Regierung haben ihr Amt angetreten. Die lange unter Verschluss gehaltene Auswahl der Kabinettsmitglieder sorgt nach ihrer Bekanntgabe für heftige Diskussionen. Sowohl von Rechts als auch von Links hagelte es Kritik an vor allem einer Personalentscheidung.

Am Donnerstag hatte der Präsident seinen Regierungschef Guido Bellido auf der Pampa de la Quinua, dem historischen Schlachtfeld des peruanischen Unabhängigkeitskriegs nahe der Andenstadt Ayacucho, in einem feierlichen Akt eingeschworen. Erstmals fand die Zeremonie – auf persönlichen Wunsch Castillos und zum Anlass des 200. Jubiläums der Republikgründung – außerhalb Limas statt.

Die Ernennung Bellidos zum Ministerpräsidenten löste Kontroversen aus. Der Kabinettschef ist regionaler Parteisekretär der Regierungspartei Perú Libre (Freies Peru) in Cusco. Er gilt als Vertreter des radikal linken Flügels der marxistisch-leninistischen Kleinpartei.

In der Vergangenheit war Bellido mehrfach durch sexistische, homophobe und transphobe Beiträge in den sozialen Medien aufgefallen. Auch läuft gegen ihn ein Strafverfahren wegen "Terrorismusapologie". Anlass hierfür war ein umstrittener Social-Media-Beitrag, in dem er der Guerrilla-Kämpferin Edith Lagos gedachte. Lagos war Mitglied des maoistischen "Leuchtenden Pfads", der in den 1980er- und 1990er-Jahren aktiv war. Der positive Bezug auf die Organisation ist ein Straftatbestand in dem Andenstaat.

"Als Kongressabgeordnete weisen wir [Bellidos] Haltung zum Leuchtenden Pfad, seine Verteidigung der kubanischen Diktatur sowie seine Homophobie und Misogynie zurück", reagierte die Fraktion der Ex-Regierungspartei Partido Morado (Lila Partei) auf die Personalentscheidung. Die Liberalen riefen zu einem Misstrauensvotum auf, denn der Ministerpräsident stehe für "Instabilität und Unregierbarkeit".

Ruth Luque von der Linkspartei Juntos por el Perú (Gemeinsam für Peru) gab zu bedenken, dass es geeignetere Kandidaten gegeben hätte, um "Vertrauen und Konsens" zu schaffen. Es sei nun an Bellido, "öffentlich sein Engagement zur Verteidigung demokratischer Werte zu kommunizieren".

In einer öffentlichen Stellungnahme ging der Ministerpräsident nun auf die Kritik ein: "Ich wende mich an das Land, um mein festes Bekenntnis zur Demokratie, Regierbarkeit und den Menschenrechten zu betonen." Mit Bezug auf seine diskriminierenden Äußerungen bekräftigte er: "Als Sohn von Quechua-Kleinbauern habe ich am eigenen Leib Diskriminierung erlebt und werde daran arbeiten, alle seine Formen auszulöschen. Gemeinsam werden wir den Rassismus, den Klassismus, den Machismus und die Homophobie überwinden, die noch so tief in der Gesellschaft verwurzelt sind."

Das Amt des traditionell mächtigen Wirtschafts- und Finanzministers übernimmt der linke Star-Ökonom Pedro Francke. Aus Protest gegen die Ernennung Bellidos wollte dieser zunächst auf sein Amt verzichten, hatte dann aber doch mit einem Tag Verzögerung am Freitag die Berufung angenommen. Franckes Ernennung galt für viele als eine der wichtigsten Personalentscheidungen der Regierung Castillo, dämpft diese Personalie doch die diffusen Ängste vor Misswirtschaft und willkürlichen Enteignungen.

Francke gab bei seinem Amtsschwur deutlich seine Position zum Ausdruck und schwor auf "den Fortschritt in Richtung des guten Lebens, für die Chancengleichheit, ungeachtet von Geschlecht, ethnischer Identität oder sexueller Orientierung".

Weitere wichtige Ministerbesetzungen sind Außenminister Héctor Béjar sowie die Frauenministerin Anahí Durand. Der 85-jährige Sozialwissenschaftler Béjar gilt als einer der wichtigen progressiven Intellektuellen Perus. Anfang der 1960er-Jahre war er Mitglied der Guerrilla-Gruppe Ejército de Liberación Nacional (Nationale Befreiungsarmee).

Durand ist Soziologin mit Schwerpunkt Geschlechterforschung. Sie legte ihren Amtseid auf die indigene Freiheitskämpferin Micaela Bastidas ab. Sie ist eine von nur zwei Ministerinnen – ein Umstand, der ebenfalls auf Kritik stieß. Nichtsdestotrotz fällt das Kabinett durch einen im historischen Vergleich überproportionalen Anteil an indigenstämmigen Mitgliedern und Quechua-Sprechern auf.