Peru / Politik

Neue Regierung in Peru zwischen Angriffen der Rechten und Korruptionsermittlungen

Präsident und Kabinettschef in der Kritik. Pläne für Misstrauensvotum. Regierung arbeitet an Verstaatlichungen und progressiver Außenpolitik

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Erst Ende Juli eingeschworen, heute schon mit kräftigem Gegenwind: das Kabinett von Präsident Pedro Castillo
Erst Ende Juli eingeschworen, heute schon mit kräftigem Gegenwind: das Kabinett von Präsident Pedro Castillo

Lima. Rund zwei Wochen nach Übernahme der Amtsgeschäfte gerät die Regierung des neuen Präsidenten von Peru, Pedro Castillo, bereits stark unter Beschuss. Neben großem Widerstand gegen das Kabinett und dessen Chef, Guido Bellido, hat nun auch die Justiz Korruptionverfahren gegen Mitglieder der regierenden Partei Perú Libre ausgeweitet.

So leitete die für Geldwäsche zuständige Generalstaatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die Regierungspartei und 19 involvierte Personen ein, darunter Kabinettschef Bellido und der Parteivorsitzende Vladimir Cerrón. Dessen Bruder, Waldemar, gegen den ebenfalls ermittelt wird, nannte den Vorgang den Beginn einer "politischen Verfolgung". Der zuständige Generalstaatsanwalt, Omar Tello, wies diese Vorwürfe umgehend zurück. Die Ermittlungen gehören zum Fall "Dinámicos del Centro" und wurden nun für die weitere Behandlung von Junín nach Lima überstellt.

Regierungschef Bellido wies indes erneut Vorwürfe und Ermittlungen gegen seine Person wegen "Terrorismusapologie" wegen angeblicher positiver Bezugnahme auf die frühere maoistische Guerillaorganisation "Leuchtender Pfad" deutlich zurück. Dies sei weder von ihm noch von anderen Mitgliedern von Perú Libre so geäußert worden. Durch diese Vorwürfe solle von der Opposition nur "Chaos und Instabilität" erzeugt werden.

In den vergangenen zwei Wochen hatte die Zusammensetzung des Kabinetts bereits viel Gegenwind für die neue Regierung hervorgerufen. Insbesondere die Ernennung von Bellido zum Regierungschef bedeutet eine erste ernste Belastungsprobe. Zwar haben ultrarechte Kräfte im Parlament keine Zwei-Drittel-Mehrheit, um ein Misstrauensvotum gegen Bellido, dessen Kabinett und damit gegen Präsident Castillo mit Sicherheit erfolgreich durchzuführen. Dennoch soll es entsprechende Überlegungen bereits geben und um fehlende notwendige Stimmen geworben werden.

Allerdings besteht die verfassungsrechtliche Gefahr für die Opposition, dass Castillo sogar das Parlament auflösen und entsprechende Neuwahlen einberufen könnte, sollte das Parlament auch einem zweiten Kabinett das Misstrauen aussprechen.

Der Ombudsmann, Walter Gutiérrez, empfahl dem Präsidenten, Änderungen innerhalb seines Kabinetts vorzunehmen. Auch Sinesio López, Professor für Politikwissenschaften an der San Marcos- und der Katholischen Universität in Lima, sieht in der Personalie Bellido eine "unnötige Gefahr" für Castillo. Gegenüber der argentinischen Tageszeitung página12 empfahl er dessen Abberufung. Parteichef Cerrón, gegen den bereits ein Urteil wegen Korruption besteht, könnte ebenfalls zu einer größeren Belastung für die Regierung werden.

Angesichts dessen erinnerte Bellido daran, dass nur drei der 19 Kabinettsmitglieder der Partei Perú Libre angehörten, er sich grundsätzlich aber eine Umgestaltung des Kabinetts vorstellen könne.

Derweil forderte die Präsidentin des Kongresses von der Partei Acción Popular (Volksaktion), María del Carmen Alva, Präsident Castillo dazu auf, einen Staatsrat einzuberufen, damit eine "Nachricht der Stabilität" an die Bevölkerung gesandt werde und die Opposition der Regierung weiterhin ihr Vertrauen aussprechen könne.

Der Sprecher der Fraktion der ultrarechten Partei Renovación Popular (Volkserneuerung), Jorge Montoya, kündigte an, dass seine Fraktion sich "Minister für Minister" im Kongress "vorknöpfen" werde.

Ungeachtet der Störfeuer arbeitet die Regierung bereits an einigen zentralen Themen aus dem Wahlprogramm. Bellido sagte am Wochenende gegenüber der Agentur Reuters, man befinde sich in der Planung für die staatliche Teilhabe an einigen Schlüsselindustrien der Wirtschaft wie Erdgas und Wasserkraft. Man wolle zudem neue staatliche Unternehmen gründen und ein Komitee einrichten, dass sich um die steigende Inflation und die Schwäche der peruanischen Währung "Sol" kümmern soll. Wirtschaftsminister Pedro Francke soll diesem Komitee vorstehen.

Auch Außenminister Héctor Béjar knüpfte bereits an eine Ankündigung aus dem Wahlkampf und an seine progressive Antrittsrede an: Er unterstrich, dass Peru sich im Rahmen der sogenannten Internationalen Kontaktgruppe für einen Dialog in Venezuela zwischen Regierung und Opposition und einen "fairen, freien und demokratischen Wahlprozess" einsetzen werde. Damit gibt Peru die inhaltliche Überschneidung mit der Lima-Gruppe wohl endgültig auf, die sich für einen Sturz der venezolanischen Regierung ausspricht.