Haiti / Politik

Interims-Premierminister von Haiti entlässt Justizminister und Staatsanwalt

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Interims-Premierminister Ariel Henry soll mit einem Hauptverdächtigen im Mordfall Moïse telefoniert haben
Interims-Premierminister Ariel Henry soll mit einem Hauptverdächtigen im Mordfall Moïse telefoniert haben

Port-au-Prince. Der Interims-Premierminister Ariel Henry hat seinen Justizminister Rockefeller Vincent und den Staatsanwalt Bed-Ford Claudeper Dekret entlassen. Der Generalsekretär des Ministerrats, Renald Lubérice, trat am 15. September aus Protest gegen Henry zurück.

Die personellen Veränderungen stehen im Zusammenhang mit einem Verdacht gegen Henry, in den Mord am früheren Präsidenten Jovenel Moïse verwickelt zu sein.

Henry kündigte dem Staatsanwalt mit der offiziellen Begründung von "groben administrativen Fehlern", ohne genauer auf diese einzugehen. An die Stelle Claudes tritt Frantz Louis Juste.

Staatsanwalt Claude hatte vor seiner Entlassung ein Ausreiseverbot gegen den Premier gefordert und den Ermittlungsrichter Garry Orélien gebeten, Henry offiziell im Mordfall Moïse anzuklagen. Außerdem lud Claude den Premier zur Zeugeneinvernahme, was letzterer ignorierte.

Die Staatsanwaltschaft behauptet, dass Henry wenige Stunden nach dem Mord an Moïse zwei Telefonate mit einem der flüchtigen Hauptverdächtigen, Joseph Felix Badio, geführt habe. Dieser soll sich zu diesem Zeitpunkt laut den Geolokalisierungsdaten der Telefongesellschaft am Wohnort Moïses befunden haben. Die Anrufe seien um 4:03 und 4:20 Uhr am Morgen von Badio ausgegangen. Zuvor hatte Henry einem Radiosender gegenüber erklärt, er glaube nicht an die Verwicklung Badios in den Mordfall, da diesem die Mittel dazu gefehlt hätten.

Im Widerspruch zu dieser Meinung hatte Justizminister Vincent Badio bereits Ende August zu den Hauptverdächtigen gezählt.

Der Premier äußerte sich nicht zu den Anrufen, bezeichnete die Vorwürfe in einer Reihe von Tweets jedoch als "Ablenkungsmanöver, mit denen Verwirrung gestiftet und die Justiz daran gehindert werden soll, ihre Arbeit mit Gelassenheit zu erledigen".

Der Generalsekretär des Ministerrats, Lubérice, reichte seinen Rücktritt ein. In einem Schreiben an den Ministerrat erklärte er, sein Amt unter Henry nicht weiter ausüben zu können , da dieser nicht mit der Justiz kooperiere und die Ermittlungen Im Mordfall Moïse behindere. Ersetzt wird Lubérice durch Josué Pierre Louis.

Lubérice kritisierte Henry zuletzt öffentlich und verteidigte die Forderung Claudes nach Anklageerhebung gegen Henry.

Die Entlassung des Justizministers soll bereits einen Vorlauf in einem am 11. September unterschriebenen Abkommen mit der Opposition für die Bildung einer neuen Regierung haben. Die Absetzung Vincents war eine der Forderungen des Oppositionspartei Demokratischer und Populärer Sektor (SDP), eine der stärksten Gegenkräfte zum ermordeten Präsidenten. Sowohl Vincent als auch Lubérice standen Moïse nahe. Am vergangenen Mittwoch ersetzte Henry nun Vincent durch den bisherigen Innenminister Liszt Quitel.

Das zwischen Henry und der Opposition unterzeichnete "Politische Abkommen für eine friedliche und effektive Regierungsführung in der Übergangszeit" sieht die Bildung einer Konsensregierung vor, die bis zur Abhaltung von Wahlen die Regierungstätigkeiten übernehmen soll. Es soll während einer Ministerratssitzung ratifiziert worden sein.