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EU-Lob für den Wahlprozess hilft Venezuela nicht gegen die US-Sanktionen

USA und Kanada verurteilen "Diktatur". EU sieht Einhaltung grundlegender Wahlstandards. Venezuela sucht Existenz in Souveränität

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Die Wahlbeteiligung am 21. November betrug rund 42 Prozent
Die Wahlbeteiligung am 21. November betrug rund 42 Prozent

Caracas. Nach den Regional- und Kommunalwahlen vom Sonntag nehmen wie erwartet Kommentare aus Washington, die Beurteilung der Wahlbeobachtermission der Europäischen Union (EU) und die Reaktionen der politischen Lager einen großen medialen Raum ein.

Bereits am Montag veröffentlichte der US-Außenminister Antony Blinken eine Stellungnahme, wonach "das Maduro-Regime den Venezolanern erneut das Recht auf Teilnahme an einem freien und fairen Wahlverfahren vorenthalten" habe. Man werde deshalb weiter "die Bemühungen der demokratischen venezolanischen Opposition und des Interimspräsidenten Juan Guaidó" unterstützen. Ähnlich äußerte sich auch die Regierung von Kanada.

Die venezolanische Regierung wies die Erklärung der US-Regierung umgehend zurück und kritisierte "ihre systematische Praxis der Missachtung der Wahlprozesse souveräner Länder". Die Wahlergebnisse bedeuteten vielmehr, "dass der große Verlierer der US-Imperialismus und seine Verbündeten in Venezuela sind, die eine vernichtende Niederlage erlitten haben, weil sie sich vom Volk abgewandt, zur Anwendung illegaler Zwangsmaßnahmen gegen die gesamte Bevölkerung angestiftet und sich ausländischen Interessen unterworfen haben".

Durch die Stellungnahme aus Washington dürfte die Hoffnung auf eine Lockerung der für das Leben in Venezuela verheerenden Wirtschafts- und Finanzsanktionen der US-Regierung vergeblich bleiben. Ein Bericht der Vereinten Nationen (UN) zur Menschenrechtssituation in Venezuela hat Anfang des Jahres ausgeführt, dass die Sanktionen der USA und der Europäischen Union (EU) gegen das Land dramatische Auswirkungen auf die Ernährung, das Gesundheitswesen und die Bildung im Land haben.

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Die Leiterin der EU-Delegation, Isabel Santos, auf ihrer Pressekonferenz
Die Leiterin der EU-Delegation, Isabel Santos, auf ihrer Pressekonferenz

Die Beobachterdelegation der EU hat am Dienstag auf einer Pressekonferenz sowohl ihre Anerkennung für den Wahlprozess ausgesprochen als auch Mängel genannt. Die vorläufige offizielle Erklärung hebt hervor, dass die Abkehr der meisten Oppositionsparteien vom Wahlboykott der letzten Jahre mit "verbesserten Wahlbedingungen" zusammengetroffen sei. "Der venezolanische Rechtsrahmen für die Wahlen entspricht den meisten grundlegenden internationalen Wahlstandards", so die zentrale Aussage. Das elektronische Wahlsystem des Landes gewährleiste die Integrität und Geheimhaltung der Wahl.

Außerdem hebt die EU-Delegation hervor, dass der derzeitige Nationale Wahlrat (CNE), in Venezuela neben Legislative, Judikative und Exekutive eine weitere, eigene Staatsgewalt, "als der ausgewogenste der letzten 20 Jahre angesehen" werden könne. In dieser Behörde, in der auch die Opposition vertreten ist, seien "die meisten Entscheidungen im Konsens getroffen", Dissens öffentlich bekannt gemacht worden.

Gleichwohl weist die EU-Mission auf ihrer Meinung nach "vorherrschende strukturelle Mängel" des Wahlprozesses hin. So habe "mangelnde Unabhängigkeit der Justiz und die Nichteinhaltung der Rechtsstaatlichkeit" im Vorfeld zu Eingriffen bei Kandidaturen und bei den Entscheidungsfindungen verschiedener Parteien geführt. Das Regierungslager habe staatliche Ressourcen für seinen Wahlkampf übermäßig zur Verfügung gehabt. Diese Faktoren – sowie eine angebliche mediale Übermacht – hätten die Chancengleichheit bei den Wahlen beeinträchtigt.

Der Bericht fügt hinzu, dass der CNE trotz der Unzulässigkeit der Nutzung staatlicher Mittel durch Regierungsparteien keine Strafen verhängt habe, und empfiehlt, die Befugnisse der Behörde zur Verhängung von Sanktionen zu stärken.

Für die venezolanische Regierung hat der Bericht der EU die Versuche, die Wahlen vom 21. November zu diskreditieren, widerlegt. Dies äußerte der stellvertretende Minister für Anti-Blockade-Politik William Castillo.

Im übrigen hält die Staatsspitze sich mit Kommentaren zurück. Die Leiterin der EU-Delegation, Isabel Santos, hatte auf ihrer Pressekonferenz die politischen Lager dazu aufgefordert, ihren Bericht nicht zu instrumentalisierten. Im Gegenzug bekräftigte sie den unabhängigen, neutralen und unparteiischen Charakter der EU-Mission in Venezuela, die im Einklang mit der Achtung der Gesetze und der Souveränität des südamerikanischen Staates arbeite.

Venezuelas Präsident, Nicolás Maduro, hatte indes bereits am Vorabend der Wahlen seinen Standpunkt verdeutlicht. Bei einer Zusammenkunft mit mehr als 300 ausländischen Wahlbeobachtern erinnerte er daran, dass nicht nur die EU mit einer Mission vertreten sei.

Er wies die Anwesenden auch darauf hin, dass die westlichen und rechten Medien versuchten den Eindruck zu erwecken, die Delegation der EU werde das "Urteil" über die Rechtmäßigkeit der Wahlen fällen und damit eine Art Vormachtstellung über die Souveränität Venezuelas einnehmen. Dies sei Ausdruck kolonialistischen Denkens und Überheblichkeit. Die Zeiten dafür seien vorbei. Weder sollte der Rest der internationalen Beobachter ignoriert noch die Freiheit und Unabhängigkeit der venezolanischen Männer und Frauen missachtet werden, so Maduro.

"Kommen Sie von Ihrer Wolke herunter, EU-Mission, seien Sie demütig und respektieren Sie die nationale Gesetzgebung Venezuelas. Sie können keine Urteile fällen", sagte der Präsident.