Uruguay / Menschenrechte

Uruguay: Hafterlass für inhaftierte Menschenrechtsverbrecher?

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Guido Manini Ríos: Gründer und Parteivorsitzender von Cabildo Abierto und ehemaliger General
Guido Manini Ríos: Gründer und Parteivorsitzender von Cabildo Abierto und ehemaliger General
Montevideo. Personen, die wegen Menschenrechtsverbrechen in der Diktatur (1973–1985) verurteilt sind oder noch in laufenden Verfahren vor Gericht stehen, erfahren von der rechtsgerichteten Regierung unter Präsident Luis Lacalle Pou Unterstützung. Die von Guido Manini Rios geführte rechte Partei Cabildo Abierto nimmt sich der Forderung nach Haftaussetzung der betagten, erst spät Verhafteten und Verurteilten an. Das Argument lautet, dass die Häftlinge einer möglichen Covid-Ansteckung verstärkt ausgesetzt sind. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sie allesamt geimpft sind.

Anfang November meldete sich eine Angehörigengruppe dieser Personen öffentlich zu Wort und forderte, sie seien als politische Gefangene anzuerkennen. Ihre Delikte seien "normale Verbrechen" (Mord, Folter, Entführungen und Verschwindenlassen) und nicht unter der Kategorie von “Menschenrechtsvergehen” einzuordnen. In der Konsequenz seien die Taten allesamt verjährt, die Täter müssten sofort freikommen oder höchstens Hausarrest verbüßen. Sie erwähnen nicht, dass die bekannten Repressoren aus der Diktatur von Anfang an privilegierte Haftbedingungen hatten.

Cabildo Abierto griff die Argumente auf und brachte sie ins Parlament. Nun gibt es einen Gesetzesentwurf, der die Forderung nach Hausarrest mit den Mehrheitsstimmen der rechten Regierungskoalition durchsetzen will. Doch das uruguayische Strafrecht hat klare Regeln hinsichtlich Alters- und Gesundheitsproblemen von Gefangenen vorgesehen, die dem Gesetzesvorhaben im Wege stehen.

Fünf Berichterstatter der Vereinten Nationen (UNO) äußerten nun in einem Schreiben ihre tiefe Besorgnis über den von Cabildo Abierto vorgelegten Gesetzentwurf, der für Angeklagte und Verurteilte über 65 Jahren Haftstrafen durch Hausarrest ersetzen soll. Sie halten die Parlamentsvorlage mit den von Uruguay unterzeichneten internationalen Menschenrechtsstandards für unvereinbar. Die Covid-19-Pandemie werde als Entschuldigung verwendet, "ohne eine Bewertung des jeweiligen Einzelfalls und die Fortsetzung des Regimes nach dem Ende der Notsituation zu ermöglichen". Nach Ansicht der Experten müssen die im Rahmen der Covid-19-Pandemie angewandten Präventionsmaßnahmen mit den internationalen Menschenrechtsstandards vereinbar sein und dürfen weder rechtliche noch faktische Straflosigkeit bedeuten.

In dem an den UN-Vertreter in Uruguay gerichteten Schreiben wird gebeten, dieses so schnell wie möglich an den Außenminister des südamerikanischen Landes, Francisco Bustillo, weiterzuleiten.

Das Schreiben ist vom UN-Berichterstatter für die Förderung von Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Garantien der Nichtwiederholung unterzeichnet; des Weiteren von der Arbeitsgruppe für erzwungenes oder unfreiwilliges Verschwindenlassen, vom Sonderberichterstatter für außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen, vom Sonderberichterstatter für das Recht aller auf das höchstmögliche Maß an körperlicher und geistiger Gesundheit und vom Sonderberichterstatter für Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen oder Strafe.