Brasilien droht Stillstand wegen Streik der Erdölarbeiter:innen

Arbeiter:innen lehnen Pläne von Regierung zur Privatisierung des Staatskonzerns Petrobras ab. Steigende Energiepreise Ursache für Auseinandersetzung

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Gewerkschafter:innen der Erdölindustrie bereiten sich in Brasilien auf Arbeitskampf vor
Gewerkschafter:innen der Erdölindustrie bereiten sich in Brasilien auf Arbeitskampf vor

Rio de Janeiro. Die Beschäftigten des staatlichen Erdölkonzern Petrobras drohen der Regierung von Präsident Jair Bolsonaro mit dem Arbeitskampf. Sollte die Regierung ein Gesetz zur Privatisierung der Petrobras in den Kongress einbringen, werden die Arbeiter:innen des Staatsunternehmens die Arbeit niederlegen. Darauf einigten sich die Mitglieder der Gewerkschaftsverbandes der Erdölarbeiter:innen (Federação Única dos Petroleiros, FUP) am vergangenen Mittwoch.

Der FUP-Vorsitzende Deyvid Bacelar erklärte, der Streik werde "der größte in der Geschichte sein". Über 80 Prozent der Mitglieder hätten dem Streik zugestimmt. Ein Arbeitskampf im Erdöl- und Erdgassektor könnte zu Lieferengpässen führen und die angespannte Wirtschaftslage weiter verschärfen.

Bolsonaro und sein neoliberaler Wirtschaftsminister Paulo Guedes hatten Mitte Dezember angekündigt, den Großteil der staatlichen Anteile an der Petrobras zu verkaufen. Um die Anteile in großem Umfang verkaufen zu können, wollten sie dem Kongress zeitnah ein entsprechendes Gesetz vorlegen. Aktuell hält der brasilianische Staat die Mehrheit am börsennotierten Energiekonzern Petrobras. Laut Informationen der größten Oppositionspartei, der linken Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores, PT), sei ein solches Vorhaben bereits auf dem Weg.

Bolsonaro begründete den Schritt damit, dass er es leid sei, für die hohen Gas- und Bezinpreise im Land verantwortlich gemacht zu werden. Dabei hätte seine Regierung die Steuer auf Kochgas im April auf null Prozent gesetzt, um die Haushalte zu entlasten. "Es ist sehr einfach zu sagen: Das Benzin ist gestiegen, das ist Bolsonaros Schuld. Ich habe verdammte Lust, die Petrobras endlich zu privatisieren", sagte Bolsonaro.

Die hohen Kraftstoffpreise, insbesondere für Diesel, haben in den vergangenen eineinhalbJahren immer wieder zu Protesten des Transportsektors geführt. Unter dem Preisanstieg litten aber vor allem die einkommensschwachen Haushalte. Zuletzt forderten Bürgermeister:innen aus dem ganzen Land um Unterstützung von der Regierung, um zu verhindern, dass die Preise im öffentlichen Nahverkehr im kommenden Wahljahr steigen.

Der Erdölgewerkschafter Bacelar garantierte, dass die FUP das Privatisierungsprojekt niemals stillschweigend akzeptieren werde. "Die Petrobras wird zerstückelt und die Menschen zahlen weiterhin exorbitante Preise für Kraftstoff", sagte Bacelar. Auch dagegen kämpfe man. Denn die bisherigen Anteilsverkäufe hätten keineswegs zu Preissenkungen geführt. In der Regel habe dies zu höheren Ausgaben für die Privathaushalte geführt.

Tatsächlich nutzte die Regierung Bolsonaro die bisherigen Verkäufe staatlicher Unternehmen wie bei Autobahnen, Entwicklungsbanken oder dem Gassektor dazu, um den klammen Haushalt zu deckeln und Unternehmenssteuern zu senken. Seit Amtsantritt im Januar 2019 hat der neoliberale Wirtschaftsminister Paulo Guedes staatliches Eigentum im Umfang von 227 Milliarden Reais, etwa 35 Mrd. Euro, veräußert.

Indem die brasilianische Regierung stets Teile aus den Unternehmen abspaltet und getrennt privatisiert, umgeht sie den Kongress und entzieht die Thematik somit weitgehend der öffentlichen Debatte. Nun droht im Kampf um die Petrobras eine größere politische Auseinandersetzung.