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Geständnis in Brasilien: Ex-Richter Moro setzte Lava Jato gezielt gegen Arbeiterpartei ein

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Ex-Bundesrichter Sérgio Moro (rechts) wollte mit der Ermittlungsbehörde Lava Jato gezielt der Arbeiterpartei (PT) schaden
Ex-Bundesrichter Sérgio Moro (rechts) wollte mit der Ermittlungsbehörde Lava Jato gezielt der Arbeiterpartei (PT) schaden

Brasília. Der frühere Ermittlungsrichter der Lava-Jato-Behörde, Sergio Moro, hat in einem Radiointerview zugegeben, dass die Korruptionsermittlungen um den staatlichen Energieriesen Petrobras dem Kampf gegen die linke Arbeiterpartei (PT) und ihren Präsidentschaftskandidaten Luiz Inácio Lula da Silva gedient haben.

Angesprochen auf die Angriffe von Präsident Jair Bolsonaro gegen die politische Linke erklärte Moro, dass sich die Lava-Jato-Ermittlungen besser geeignet hätten, die PT in Schach zu halten. "Es gibt Leute, die haben die PT auf eine viel effektivere, viel wirkungsvollere Weise bekämpft [als die amtierende Regierung]. Die Lava Jato!", so Moro, der in diesem Jahr selbst für das Präsidialamt kandidiert.

Moros Aussagen schlugen kurz vor Jahresende wie Silvesterknaller in den Wahlkampf ein. Viele Kritiker:innen sehen sich in ihren Vorwürfen bestätigt, Moro habe den Kampf gegen die Korruption missbraucht, um die parlamentarische Linke zu schwächen. "Er sollte im Gefängnis sein und nicht für ein politisches Amt kandidieren", schrieb Simão Pedro, ehemaliger Kabinettschef des Ex-Bürgermeisters von São Paulo, Fernando Haddad (PT). So viel "Amateurhaftigkeit" bei seinen Formulierungen könnte Moro viele Stimmen kosten, analysierte ein namhafter Journalist.

Der frühere Abgeordnete und Ex-Vorstand der Anwaltskammer von Rio de Janeiro, Wadih Damous, kommentierte, dass die "Offenheit des Ex-Richters dessen Befangenheit demaskiert" und die Justiz zwinge, alle Verfahren Moros gegen Mitglieder der Arbeiterpartei einzustellen.

Tatsächlich hatte die Lava Jato vor allem gegen Politiker:innen der Arbeiterpartei ermittelt, Verfahren gegen Mitglieder anderer Regierungsparteien aber ein- oder zurückgestellt. Mit seiner Aussage bestätigt der frühere Richter nun die Vorwürfe vieler Kritiker:innen, die Behörde habe vor allem dazu gedient, die damalige Regierungspartei PT zu schwächen und die Wiederwahl des aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten 2018, Lula da Silva, zu verhindern. In einem international kritisierten Verfahren verurteilte Moro Lula im Frühjahr 2018 zu neun Jahren Haft. Infolgedessen konnte sich Jair Bolsonaro bei den Wahlen durchsetzen und ernannte Moro anschließend zu seinem Justizminister.

Im Jahr 2019 erklärte das Oberste Bundesgericht (Supremo Tribunal Federal, STF) Moro für "befangen" und "parteiisch", kassierte alle Urteile und stellte die laufenden Ermittlungen des Ex-Richters gegen Lula ein, woraufhin dieser aus der Haft entlassen wurde.

In dem Interview attackierte Moro auch die amtierende Regierung, der er selbst bis zu seinem Zerwürfnis mit Bolsonaro im April 2020 angehörte. Die aktuelle Regierung habe den grassierenden Hunger zu verantworten, habe die Corona-Impfungen behindert und die Korruptionsbehörden zerstört. Nur aus Angst vor einem erneuten Sieg der Arbeiterpartei dürfe man die aktuelle Regierung nicht verteidigen, so Moro. Bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden Oktober kandidiert Moro selbst neben Bolsonaro und Lula da Silva. Dabei belegt er in den aktuellen Umfragen mit neun Prozent der Stimmen den dritten Platz.