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Mehr als 1.700 kleine und mittleren Unternehmen auf Kuba genehmigt

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Belegschaft der Finca Marta in Artemisa
Belegschaft der Finca Marta in Artemisa

Havanna. Fast im Wochentakt entstehen derzeit neue kleine und mittleren Unternehmen (KMU) auf Kuba. Am 27. Januar wurde die letzte Runde von 88 Anträgen bestätigt, womit die Anzahl der Betriebe auf 1.707 angewachsen ist. Inzwischen sind sie in 80 Prozent aller Kommunen vertreten.

1.656 der KMU sind reine Privatbetriebe, 28 sind staatlich und 23 Kooperativen. 86 sind lokale Entwicklungsprojekte. 42 Prozent sind Neugründungen. Seit dem 20. September 2021 hat das Wirtschaftsministerium (MEP) die neuen Akteure in mehreren Schritten genehmigt: Zuerst in den Branchen Lebensmittelproduktion, Exportwirtschaft und lokale Entwicklungsprojekte, gefolgt von High-Tech, Recyling und Kreislaufwirtschaft, herstellender Industrie, Informatik, Logistik und Transport. Später kamen Baugewerbe, Gastronomie und zuletzt Buchhaltung hinzu.

Laut der stellvertretenden Wirtschaftsministerin Johana Odriozola Guitart liegen bislang 3.200 Anträge vor, die in Zusammenarbeit mit den lokalen Institutionen abgearbeitet werden. Die zügige Bearbeitung der Gründungsanträge sowie die Registrierung beim Handelsregister werde regelmäßig von höchster Stelle überprüft.

KMU können bis zu 100 Personen beschäftigen, derzeit stellen sie 27.395 Arbeitsplätze. Ihre Rechtsform ist die einer "Sociedad de responsabilidad limitada" (SRL), die in etwa einer deutschen GmbH entspricht. Damit sind neben einem deutlich attraktivieren Steuersystem und Haftung über das Firmeneigentum auch neue Möglichkeiten für Allianzen mit dem Staatssektor und ausländischen Investoren verbunden. Zudem sind jetzt Gründungen in sämtlichen Branchen mit Ausnahme einer 112 Punkte umfassenden Negativliste möglich.

Mit Einführung der neuen Akteure soll die heimische Produktion über die Schaffung neuer Wertschöpfungsketten wachsen, indem sich Staats- und Privatsektor über eine Angleichung der Rahmenbedingungen enger verzahnen. Mittelfristig sollen alle Privatbetriebe in die Rechtsform SRL überwechseln, als klassische Selbstständige arbeiten dann nur noch Geschäfte mit maximal drei Mitarbeitern.

Unter den bisher gegründeten KMU dominiert zur Zeit das verarbeitende Gewerbe. "Dazu zählen die Herstellung von Baumaterialien, Schuhen und Kleidung", so Guitart. 19 Prozent der Betriebe widmen sich der Lebensmittelproduktion. Zudem gibt es eine große Zahl an Dienstleistern.

Ein Beispiel für die Lebensmittelproduzenten ist die Finca Marta in Artemisa. Das ökologische Landwirtschaftsprojekt hat die neue Rechtsform genutzt, um sich in der Sonderwirtschaftszone von Mariel zu etablieren und die dort ansässigen Unternehmen mit frischem Obst und Gemüse zu beliefern. Aus dem herstellenden Gewerbe berichteten Medien jüngst über das Unternehmen D’Brujas aus Havanna, das Seifen und Kosmetikprodukte herstellt und mehrheitlich von Frauen geführt wird.

Probleme bereitet noch die Anmeldung im Handelsregister. Wie die zuständige Funktionärin erläuterte, haben die staatlichen Notarbüros neues Personal eingestellt und Fortbildung in Handelsrecht durchgeführt, womit der Prozess künftig weniger "Nachlauf" haben soll. Auch bei den Finanzinstitutionen läuft nicht alles rund: "Man geht zur Bank, um einen Kredit zu beantragen, und die Zinssätze stammen noch aus dem Jahr 2019, vor Covid und der Währungsreform", schildert Ribe Sanguily, Inhaber der Elektroreparaturfirma Espiral Soluciones.

Das Tempo der Veränderungen verläuft wie von Raúl Castro zu Beginn des Reformprozesses 2011 angekündigt "Sin prisa, pero sin pausa" (ohne Eile, aber ohne Pause) und kontinuierlicher als von manchen Beobachtern erwartet worden war.