Mexiko: Autonome Gemeinde Cherán bietet Drogenkartellen und Waldrodern die Stirn

Vorbildliche Basisdemokratie seit 2011. Eigene Bürgerwehr. Neue Maßnahme kommt dem Klimaschutz und dem Schutz vor Drogenbanden zugute

cheran_versammlung_1.jpg

Versammlung der Gemeinde in Cherán
Versammlung der Gemeinde in Cherán

Morelia. Der Landkreis Cherán im mexikanischen Bundesstaat Michoacán tritt mit einem Anbauverbot für Avocados der organisierten Kriminalität entgegen. Neben der Holzfällerei ist der Avocadoanbau zu einem beliebten Nebengeschäft der Drogenkartelle geworden. Im Unterschied zu anderen Landkreisen Michoacáns ist es Cherán dank seiner zehnjährigen Erfahrung in Selbstverwaltung bislang gelungen, das Eindringen der Kartelle zu blockieren.

Wie unter anderem das mexikanische Nachrichtenportal Informador berichtet, hat die Gemeinde von Cherán ein totales Verbot für kommerzielle Avocado-Plantagen erlassen. Dies geschah aus der Erkenntnis heraus, dass Avocado-Plantagen nur Gewalt in die Gemeinden bringen würden. Maximal zehn Avocadobäume pro Familie beziehungsweise landwirtschaftlichem Betrieb für den Verzehr innerhalb der Gemeinde sind weiterhin zugelassen.

Der Grund für diese Maßnahme ist der seit längerem bekannte Zusammenhang zwischen illegaler Waldrodung, Avocado-Plantagen und organisierter Kriminalität: Wälder werden gerodet, um Avocado-Plantagen zu schaffen, und der äußerst lukrative Avocado-Anbau lockt kriminelle Banden an. Der letztere Zusammenhang wird ausführlich in Timo Dorschs Buch "Nekropolitik" beschrieben.

Der Preisanstieg für Avocados auf dem Weltmarkt trug dazu bei, dass die organisierte Kriminalität Teile der Avocado-Wirtschaft komplett übernahm. Die Landbeschaffung erfolgt unter anderem mittels Entführungen, mit denen die notariell beglaubigte Übereignung von Avocado-Plantagen erpresst wird.

Während 2011 in anderen Teilen Michoacáns Tausende vor kriminellen Banden flohen, nahmen die Bewohner des von Purépecha-Indígenas bewohnten 16.000 Seelen-Städtchens Cherán ihr Schicksal in die eigenen Hände. Sie bemächtigten sich der Waffen der untätigen lokalen Polizei, sperrten die Straßen ab und gründeten autonome Verwaltungsstrukturen, einschließlich einer Bürgerwehr.

Heute ist Cherán eine grüne Insel umgeben von Avocado-Wüsten. Es sieht so aus, als ob eine Grenzlinie in den dortigen Bergen gezogen worden wäre: Avocado-Plantagen und gerodetes Land auf der einen Seite der Berge und Pinienwälder auf der anderen.

Die Erhaltung der Wälder trug auch zum Schutz der Wasservorräte bei. "Wir haben mit den Gemeindemitgliedern vereinbart, dass wir keine Avocadobäume pflanzen, sondern nur Bäume, die gute Luft produzieren", sagt Salvador Ávila Magaña, ein Bewohner Cheráns, gegenüber dem Nachrichtenportal Informador.

Im Landkreis Cherán werden nun nicht nur regelmäßig die Straßen patrouilliert, sondern auch Bagger eingesetzt, um Gräben entlang jener Straßen zu ziehen, die von illegalen Holzfällern genutzt werden. So wird das eigene Territorium geschützt, indem so der Abtransport von illegal geschlagenem Holz unmöglich gemacht wird. Mehr noch, es kommt sogar zur Wiederbepflanzung vormals abgeholzter Flächen, unter anderem von jenen 18 Hektar, von denen Ávila Magaña vor Jahren vertrieben wurde.